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Magazin/Historisch-Stadtteile

All das liegt in Bayreuth: Österreich, Buchstein, Ochsenhut

Woher kommen eigentlich die siedlungsgeschichtlichen Namen der Bayreuther Ortsteile? In Teil zwölf der Stadtteil-Serie hat bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller einiges zu erzählen.

Österreich, Süßer Winkel, Unnütz, Säurangen, Buttelsdiek, Wespenhügel, „Am Oschenberg im Schneidergwand“, Kühbergshut: Diese schönen Bezeichnungen von Bayreuther Grundstücken sind Jahrhunderte alt, aber noch heute in den offiziellen Katastern zu finden.

Es handelt sich um Flurnamen, die noch auf den amtlichen Karten registriert sind, aus einer Zeit, als noch keine „Flurnummer“ und keine „Gemarkung“ auf den Kaufverträgen gab.

Flurnamen sind meist sprachliche Gebilde, die früher Grundstücke bezeichneten. Benannt wurden sie nach der Geländeart, der Nutzung oder dem Eigentümer. Sie bezeichnen Wiesen, Wälder, Äcker, Berge und Gewässer und dienten nicht nur dem Eigentumsnachweis, sondern auch der Orientierung. Weil die Flurnamen durch die ansässige Bevölkerung geprägt wurden, sind somit auch wertvolle Zeugen der damaligen Sprache, der damaligen Lebenserfahrungen und der damaligen Mundart.

„Gwend“, „Melm“ und „Lerchenbühl“

So bezeichnet das alte Wort „Gwend“ Wiesen oder Felder von gleicher Lage oder Bodenbeschaffung, „Im Gries“ lässt sich mit Kies übersetzen, Flurnamen in denen Letten oder Mergel vorkommt, deutet auf einen lehmhaltigen Untergrund hin. Bezeichnungen für kleine Geländeerhebungen oder Hügel sind Buckel oder im Mittelhochdeutschen Bühl oder Bühel.

Der alte Flurname „Lerchenbühl“ bedeutet also „Hügel, wo es Lerchen gibt“. Dort war ein Vogelherd (auch ein häufiger Flurname), an dem früher Netzen und Klebegarn Lerchen gefangen wurden. „Melm“ (malmen) könnte bedeuten, dass es an dieser Stelle „staubig“ war.

Die Legende vom Buchstein

Nach einer Legende ist der „Buchstein“ benannt. Während des Dreißigjährigen Krieges sollen dort in den Felsspalten die Bayreuther Stadtarchive vor den einfallenden Schweden versteckt worden sein.

Flurnamen können aber auch auf Tiere oder Vögel, historische Ereignisse (Galgen-), kirchliches Eigentum, den Bewuchs oder die Nutzung hinweisen. In der Bayreuther Region kommt hinzu, dass viele Orts- und Flurnamen wie Kulm, Döhlau oder Dürschnitz auf die Anwesenheit von slawischen Stämmen im Hochmittelalter hindeuten.

Der „Buchstein“ ist nach einer Legende benannt. Während des Dreißigjährigen Krieges sollen dort in den Felsspalten die Bayreuther Stadtarchive vor den einfallenden Schweden versteckt worden sein. Foto: Stephan Müller.

Die frühmittelalterliche Wehranlage

Zwischen Laineck und St. Johannis befand ab dem 9. Jahrhundert die Burg „Altentrebgast“. Eine Befestigung, bei der es sich mit 300 mal 200 Metern Ausdehnung um eine der größten frühmittelalterlichen Wehranlagen Oberfrankens handelte. Die Burg wurde nach dem so genannten „Giechburgvertrag“ im Jahr 1149 aufgegeben und später „geschliffen“. Noch heute heißt der Flurname „Burgstall“.

Erstmals In die amtlichen Karten kamen die Flurnamen, als die Bayerische Krone Mitte des 19. Jahrhunderts das Land genau vermessen ließ. Hintergrund war eine gerechte Besteuerung.

Vereinfacht gesagt haben alle noch unbewohnten Gebiete noch ihren Flurnamen. Dies ändert sich mit jedem neuen Baugebiet und der dazugehörigen Straßenbenennung. Dann verschwinden die Flurnamen aus den Katastern. So ist es auch logisch, dass die meisten noch benutzten Flurnamen in den eingemeindenden Ortsteilen am Bayreuther Stadtrand zu finden sind.

Straßennamen

Viele Flurnamen finden wir heute in Straßennamen wieder. Beispiele dafür sind die „Ochsenhut“, der „Teufelsgraben“, „Lerchenbühl“, die „Grubstraße“ oder die „Schmatzenhöhe“. In Erinnerung an unsere alte Sprache, unseren Dialekt und unsere Heimatverbundenheit

Die „Ochsenhut“ im Stadtteil St. Johannis. Der Flurname findet sich heute im Straßenschild wieder. Foto: Frank Hofmann.


Hier sind die kuriosesten Flurnamen, die noch aktuell in den amtlichen Verzeichnissen von Bayreuth zu finden sind.


Oberpreuschwitz

Grub, Schmatzen, Tilpen

St. Johannis

Humenreut, Geiersnest, Wach, Ochsenhut, Burgstall

Thiergarten

Fang, Oberes Gewend, Unteres Gewend, Weiherhaus, Haberweiher, Vogelherd, Geiershügel, Plantage, Säurangen

Colmdorf

Flürlein

Meyernberg

Österreich, Geiersgraben, Tauerer

Oberkonnersreuth

Süßer Winkel, Gesteinig, Fleck

Laineck

Im Unnütz, Am Linsenacker, Im Ruppert, Ödacker am Pilzacker, In der Mausstall, Am Oschenberg in Schneidergwand, Wasserwiesen, Im Gries, Kühbergshut, Im kurzen Gewend, Im langen Gewend, Im Melm, Am Seelen

Wolfsbach

Buttelsdiek, Wespenhügel, Hirschenlacken, Bergloch

Seulbitz

Schmelben, Peunt, Burgstall, Poppen

Stephan Müller

Stephan Müller

Stephan Müller (54) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.

Ein Festzug zieht an einem Ein Festzug zieht an einem "Siebener"-Kasernengebäude in der Hartmannstraße (heute Ludwig-Thoma-Straße) vorbei. Im Hintergrund ist der Justizpalast zu erkennen. Foto: Archiv Bernd Mayer.
Das Versorgungskrankenhaus heißt heute Das Versorgungskrankenhaus heißt heute "Krankenhaus Hohe Warte". Foto: Archiv Elfriede Müller
Wenige Tage, nachdem in der deutschen Kolonie Kamerun die deutsche Fahne gehisst wurde, benannten Festspielmitwirkende das Forsthaus um: Wenige Tage, nachdem in der deutschen Kolonie Kamerun die deutsche Fahne gehisst wurde, benannten Festspielmitwirkende das Forsthaus um: "Dort ka ma ruhn". Foto: Archiv Bernd Mayer.
Die Stadtansicht zeigt Bayreuth um 1680. Der Hof-Musikus Georg Carl war 1675 am Hofe des Markgrafen Christian Ernst im Stadtschloss (links) in Anstellung. Foto: Archiv Bernd MayerDie Stadtansicht zeigt Bayreuth um 1680. Der Hof-Musikus Georg Carl war 1675 am Hofe des Markgrafen Christian Ernst im Stadtschloss (links) in Anstellung. Foto: Archiv Bernd Mayer
Wagnerianer und Kenner des Wagnerianer und Kenner des "Rheingold" wissen was gemeint ist: "Zur Burg führt die Brücke" heißt es im letzten Akt von Wagners "Rheingold". Auch hinter dem Hauptbahnhof führt eine Brücke zur Burg. Foto: Stephan Müller.
Das Gelände zwischen den Ortsteilen Meyernberg und Oberpreuschwitz hat den Flurnamen Das Gelände zwischen den Ortsteilen Meyernberg und Oberpreuschwitz hat den Flurnamen "Österreich", das "ein Gebiet nach Osten begrenzt". Der ungewöhnliche Blickwinkel auf die Reha-Klinik und das Neubaugebiet von Oberpreuschwitz wurde durch einen Hub-Kran auf dem Gelände des Stadtgartenamtes bei einem "Tag der offenen Tür" möglich. Foto: Stephan Müller.
Die Brauerei J. Friedel. Foto: Archiv Bernd Mayer Stiftung.Die Brauerei J. Friedel. Foto: Archiv Bernd Mayer Stiftung.
Bayreuths Stadtteil Moritzhöfen mit dem Wilhelm-Leuschner-Geburtshaus. Foto: Susanne MonzBayreuths Stadtteil Moritzhöfen mit dem Wilhelm-Leuschner-Geburtshaus. Foto: Susanne Monz
Blick auf das Festspielhaus im Jahr 1880. Im Vordergrund ist das alte Bahnhofsgebäude und das Bahnhofshotel zu sehen. Foto: Archiv Bernd Mayer.Blick auf das Festspielhaus im Jahr 1880. Im Vordergrund ist das alte Bahnhofsgebäude und das Bahnhofshotel zu sehen. Foto: Archiv Bernd Mayer.