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Der nackte Ritt auf einem Schwein: Marquis Salou und seine Kultkneipe

Schlapphut, Bart und wallender schwarzer Mantel – Marquis Salou war ein Provokateur, der den Bayreuthern bis heute im Gedächtnis bleibt. bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller blickt zurück.


„Jeder Fortschritt und jeder Wandel in der Geschichte kommt von Nonkonformisten. Wenn wir keine Dissidenten hätten, lebten wir noch in Höhlen.“ – ob das Zitat des britischen Historikers Alan J. P. Taylor auch auf den Bayreuther Provokateur Marquis Salou zutrifft, sei dahingestellt.

Der nackte Ritt auf einem Schwein

In den Fokus der damals so biederen Beamtenstadt rückte der Marquis im Jahr 1971 mit der Einweihung des „Life 2000″, einem großen Einkaufszentrum im Industriegebiet. Dort wurden gleichzeitig die moderne Diskothek „Jet Set“ und die „Eve-Bar“ eröffnet. Endgültige Berühmtheit erlangte der Marquis Salou, als er nackt auf einem Schwein in seine Bar einritt und sich deshalb Ärger mit dem Bayreuther Tierschutzverein einhandelte. Und, da waren sich alle einig, er muss auch der unbekannte Nackte gewesen sein, der über den Luitpoldplatz und die Bahnhofstraße gelaufen war.

Wer war dieser Mann, der quasi aus dem Nichts auftauchte? Dass er Curt Auls hieß, wussten nur die Mitarbeiter des Einwohnermeldeamtes. Dass er in Berlin aufgewachsen ist, dort eine humanistische Bildung genossen hat und später als Schauspieler in Paris, London oder München auftrat und die ganze Welt bereiste, berichtete er selbst.

Marquis Salou. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung

Der Marquis war stolz darauf, dass er als Bayreuths schillerndste Persönlichkeit den Gästen nach dem Besuch der Eremitage und des Festspielhauses noch selbst als touristische Attraktion gezeigt wurde.

Irgendwann war er nach Bayreuth gekommen, blieb aber zunächst nicht lange. Zwei Jahre nach der Eröffnung besagter Diskothek, die später „Happy Night“, „VIP“ und „Broadway“ hieß, gab es einen Eigentümerwechsel.

Und irgendwann verschwand dann auch der Marquis, kehrte Ende der 70er Jahre aber wieder nach Bayreuth zurück, um in der Carl-Schüller-Straße das Nachtlokal „Japanische Teestube“, das in den 50er Jahren einen eher zweifelhaftem Ruf hatte, zu übernehmen.

Alle Promis waren beim „Marquis“

Er eröffnete seine Nachtbar „Marquis Galerie“ und war fortan aus der Bayreuther Szene nicht mehr wegzudenken. Seine Bar war gesellschaftsfähig, wurde eine Institution. Bei ihm trafen sich die Bayreuther Geschäftsleute und die Stadtoberen. Am berühmten Stehtisch im Eck diskutierte Brauereichef Hans Schinner mit Großbäcker Kurt Schatz, Großschlachter und SpVgg-Chef Hans Wölfel mit Stadtrat Bernd Mayer, dem CSU-Fraktionsvorsitzenden Manfred Jahn oder Oberbürgermeister Hans-Walter Wild. Es durfte nicht jeder in seine „Galerie“. Ein Monitor über besagtem Stehtisch zeigte an, wer vor der Tür Einlass begehrte. Übrigens: Ein kleiner Kreis dieser Stammgäste hatte einen eigenen Schlüssel für das Etablissement.

Im der Galerie spielten sich immer wieder Aufsehen erregende Szenen wie diese ab: An der Theke spielten zwei Männer – einer nur mit einem Bademantel bekleidet – Back Gammon.

Die 100 Mark, die der Verlierer zahlen wollte, nahm der Sieger nicht an. Nach kurzer Diskussion verbrannte der Hundertmarkschein über einer Kerze. Die Szene ist verbrieft, denn der junge 18-jährige Bayreuther, der mit großen Augen beobachtet und nicht fassen kann, ist der Autor dieser Zeilen.

Marquis spendet Samen

Auch andere besondere Aktionen sorgten für Aufsehen. Schlüpfrige Ankündigungen wie „Marquis spendet Samen“ entpuppten sich dann freilich als harmloses Verschenken von Sonnenblumensamen. Spannend waren sie trotzdem, denn zuzutrauen war ihm eigentlich alles. Dieses Sprichwort war es dann auch, was ihm Freunde in seine Todesanzeige setzten: „Honi soit qui mal y pense!“

Der Marquis Salou starb am Dienstag, den 13. Februar 1990. Am gleichen Tag war 107 Jahre zuvor auch Richard Wagner gestorben – ein Schelm, der Böses dabei denkt.

In der Mitte der mit Menschen überfüllten Aussegnungshalle des Krematoriums am Südfriedhof stand zwischen einem Blumenmeer ein schwarzer Sarg mit dem schwarzen Schlapphut. Statt einem Pfarrer war es der bayerische Bluesbarde Willy Michl, der durch das „letzte Programm“ führte.

Traueranzeige Marquis Salou. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung

Für seinen Freund sang er sein Lied vom „Blütental“. Nach den Abschiedsreden von Hans Ebersberger, DFB-Schiedsrichter-Lehrwart und Direktor des städtischen Gymnasiums, dem befreundetem Arzt Edwin Kroha und Michelle, Salous Witwe, intoniert der Isar-Indianer „The House of the Rising Sun“, ehe er nach einer ergreifenden Pause mit lauter Moderatoren-Stimme eine für Kirchen eher seltene Aufforderung erklingen ließ: „Ladies and Gentlemen, das Geilste für Salou im Leben war der Applaus. Geben Sie ihm also einen letzten Applaus.“

Unter den Standing Ovations der Trauergemeinde versank schließlich der Sarg in den Tiefen des Krematoriums.


Text: Stephan Müller


Stephan Müller (53) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es hier beim bt. Darunter Geschichten wie diese die bisher in keinem Buch veröffentlicht wurden.


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Parkhäuser in Bayreuth: Kostenlos Parken zu Silvester

Rund um die Feiertage gibt es einige Änderungen bei den Angeboten der Stadtwerke Bayreuth. Alle Infos dazu gibt es hier.

Zusätzliche Fahrten der Stadtbus-Linien

An Silvester fahren die Stadtbusse wie samstags – die Fahrten um 0:15 Uhr entfallen jedoch. Dafür bieten die Stadtwerke Bayreuth um 0:45 Uhr zusätzliche Fahrten der Linien 321 bis 325 und der Anruf-Linien-Taxen an.

Gratis Parken

Die Parkhäuser und Tiefgaragen der Stadtwerke Bayreuth sind ständig geöffnet. In der Silvesternacht ist das Parken dort sogar gratis: Von 14 Uhr am Silvesterabend bis 12 Uhr an Neujahr sind die Schranken durchgehend geöffnet.

„Dinner for One“: Die Sendetermine des Silvester-Klassikers im Überblick

Was wäre Silvester ohne „Dinner for One“? Hier gibt’s alle Sendetermine im Überblick.

„Dinner for One“ oder „Der 90. Geburstag“

Seit über 50 Jahren gehört der Klassiker genauso zu Silvester wie Fondue oder Raclette. Doch eigentlich hat „Dinner for One“ gar nichts mit Silvester zu tun. Viel mehr geht es um den 90. Geburtstag von Miss Sophie. Da all ihre Freunde bereits gestorben sind, feiert sie alleine mit ihrem Butler James, der die Gäste mimt.

Hier läuft „Dinner for One“

  • 31.12.2019, 15:40 Uhr ARD
  • 31.12.2019, 15:40 Uhr NDR
  • 31.12.2019, 17:10 Uhr NDR
  • 31.12.2019, 18 Uhr WDR
  • 31.12.2019, 18:10 Uhr RBB
  • 31.12.2019, 18:45 Uhr BR
  • 31.12.2019, 19 Uhr MDR
  • 31.12.2019, 19:10 Uhr HR
  • 31.12.2019, 19:25 Uhr SWR
  • 31.12.2019, 19:40 Uhr NDR
  • 31.12.2019, 23:35 Uhr NDR
  • 01.01.2020, 00:05 Uhr BR
  • 01.01.2020, 01:30 Uhr ARD
  • 01.01.2020, 05:10 Uhr ARD

Darum waren Bayreuther Klöße früher grün

Wer sich in Bayreuth verliebt und womöglich sogar beschließt, sich hier niederzulassen, um zwischen Rotem Main und Festspielhügel einen geruhsamen Lebensabend zu verbringen, muss auch lernen, sich für das Bayreuther Sonn- und Festtagsessen zu begeistern: die rohen Kartoffelklöße. Hobby-Historiker Stephan Müller hat herausgefunden, seit wann es die „Bareitha Kleeß“ gibt.

„Bareither Klöß“. Kein Kochbuch, sondern ein herrlicher Buchtitel für Dichtungen in oberfränkischer Mundart von Samuel Bach aus dem Jahr 1906. Foto: Stephan Müller


Sie sind das Alpha und das Omega aller Festlichkeit in Oberfranken. Kindstaufen, Hochzeiten, Leichenschmäuse, Richtfeste sind nicht denkbar ohne sie. Und bis zu 40 Kilometer fahren Alteingesessene an den Sonntagen, um in Wirtshäusern abzusteigen, wo die Klöße besonders gut, das heißt groß, handgerieben und vor allem billig sind. Gaststätten, in denen die Klöße mit Schweine-, Enten-, Gans- oder Sauerbraten noch weitere zehn oder 15 Pfennige unter dem preislichen Durchschnittsminimum liegen, werden dabei vor allem von den Bayreuther Millionären bevorzugt.

(Erich Rappl, 1970, ehemaliger Chefredakteur des Bayreuther Tagblatts)

Diese Einschätzung stammt aus dem Jahr 1970 von dem ehemaligen Chefredakteur des Bayreuther Tagblatts Erich Rappl, den die Bayreuther nur unter „Wafner“ kennen. Sie hat bis auf die Umstellung von Pfennig auf Cent noch immer Bestand.

Seit 300 Jahren zum Sonntagsbraten unverzichtbar

Und dies vielleicht schon seit 300 Jahren: Es war ein Zufall, durch den Dr. Sylvia Habermann herausgefunden hat, dass der „Fränkische Kloß“ schon vor drei Jahrhunderten bekannt war. Bei der Suche nach einem Bildhauer, der für die Kirche in Neustädtlein am Forst Figuren geschnitzt hatte, stieß die damalige Leiterin des Historischen Museums in Bayreuth in den Rechnungsbänden auf ein Richtfest, bei dem imposant mit Klößen aufgekocht wurde. Die unverhältnismäßig hohe Rechnung vom 22. August 1707 lässt ohne Zweifel darauf schließen, dass es sich dabei tatsächlich um Kartoffelklöße und nicht etwa um die althergebrachten „billigen“ Mehlklößlein handelte. Die „erste urkundliche Erwähnung“ des Kartoffelkloßes stand fest.

Warum „grüne“ Klöße?

Diese rohen Kartoffelklöße werden als „grüne Klöße“ bezeichnet. Das Wort grün ergab sich in früheren Zeiten tatsächlich aus der Farbe. Wenn der Kloßteig, der früher geschwefelt wurde, erkaltete, bekam er oft eine dunkelgrüne Farbe. So hat sich der Begriff „grüne Klöße“ als Bezeichnung für Klöße aus rohem Kartoffelteig erhalten.

Das Büchlein „Kiechla, Kleeß und Krautsalot“ von Traudl Wolfrum ist in der ewigen Rangliste der am meist verkauften Bücher in Bayreuth wohl nie mehr zu schlagen. Foto: Stephan Müller

Der erste Kartoffelanbau in Rehau

Zu diesem Zeitpunkt wurde die Kartoffel in der Markgrafschaft bereits einige Jahrzehnte feldmäßig angebaut. Die ersten Kartoffeln vom Feld gab es 1647 in Pilgramsreuth bei Rehau. Dabei handelte es sich um den frühesten bisher bekannten „Erdäpfelanbau“ in Deutschland.

Der Bauer Hans Rogler erhielt während des 30-jährigen Krieges die ersten Saatkartoffeln von einem holländischen Soldaten. Der Ernteerfolg musste nicht lange auf sich warten: Schon bald wurden mehr als 500 Zentner Kartoffeln in dem 400 Seelendorf geerntet. Eine Bronzeplastik im Kirchhof – das so genannte „Kartoffeldenkmal“ – zeigt einen Bauern mit einem Grabegerät und eine kniende Bäuerin mit Kartoffelkorb, beide im üblichen bäuerlichen Gewand des 17. Jahrhunderts.

Streit um die ersten Kartoffeln endete vor Gericht

Dies lässt sich alles urkundlich belegen, weil es um diesen ersten Kartoffelanbau einen mächtigen Streit und sogar eine Gerichtsverhandlung in Hof an der Saale gab. Als Hans Rogler aus Pilgramsreuth und andere Bauern aus Roßbach bei Asch in Böhmen die Kartoffeln erhielten und mit dem Anbau begannen, weigerten sie sich „den Zehnt“ abzugeben, weil dieser nach ihrer Ansicht nur für Getreide festgelegt war. Die Bauern behielten die Kartoffeln für sich. Das Gerichtsprotokoll aus Hof ist die erste „urkundliche Erwähnung des Kartoffelanbaus“.

Der Bayreuther Bürgermeister Erhard Christian Hagen von Hagenfels schrieb dazu im Jahr 1862 im „Archiv für Geschichte und Althertumskunde von Ober­franken“, dass ein in Böhmen einquartierter niederländischer Offizier von der Nützlichkeit „des Baues der Kartoffel“ erzählt habe. Nachdem die Bauern misstrauisch waren, ließ er sich „aus seinem Vaterlande eine Partie Kar­tof­feln“ kommen, die im Hausgarten gesteckt wurden. Die Anbauversuche gelangen, sodass die Pilgramsreuther schnell systematische Anpflanzungen auf den Feldern vornahmen. Dies war der Kirche ein Dorn im Auge. Die Kartoffel stand nicht in den Zehnt-Verzeichnissen. Bereits im Jahr 1694 wurde ein Jahresertrag von 1.300 Zentnern erzielt.

Bayreuther Saatkartoffeln für den Preußenkönig

Der Kartoffelanbau breitete sich in der Markgrafschaft Bayreuth bis zu den Regierungszeiten der Markgräfin Wilhelmine immer weiter aus. Im Gegensatz zum Getreide war und ist die Kartoffel weder bei der Aussaat noch vor der Ernte abhängig vom Wetter und der Witterung. Erst mit dem Kartoffelanbau konnten in Europa die Hungersnöte eingedämmt werden. Dazu ließ sich Friedrich der Große Saatkartoffeln aus Bayreuth kommen, um die Pflanzaktionen zu fördern.

Durch seine Schwester Wilhelmine soll Friedrich der Große auf die nützliche Frucht aus der Bayreuther Markgrafschaft aufmerksam geworden sein. Am 24. März 1756 erließ der Preußenkönig sein berühmtes Kartoffeldekret, wonach „der 15. Teil des Bodens“ mit Kartoffeln anzupflanzen sei. Landwirte, die keine Kartoffeln anbauten, konnten künftig nicht mehr mit Steuererleichterungen rechnen.


Text: Stephan Müller

Stephan Müller (53) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.


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Weihnachtsüberraschungen mit Familie Wagner

Weihnachten ist das Familienfest Nummer 1. Doch jede Familie gestaltet die Feiertage anders. Wie Richard Wagner und seine Lieben das Fest feierten, verrät bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller.


Keine Worte für solche Freuden

Das Weihnachtsfest wurde von der Familie Wagner stets besonders hingebungsvoll gefeiert. Aus doppeltem Anlass: Denn auch Frau Cosima hatte am Heiligen Abend Geburtstag. Begangen wurde ihr Wiegenfest allerdings immer einen Tag später, also jeweils am ersten Weihnachtsfeiertag. Richard Wagner war immer darauf bedacht, seiner Cosima eine besondere Weihnachtsüberraschung zu bieten. Zwei Mal gelang ihm dies mit gerade erst komponierten Uraufführungen seiner Werke.

Am Sonntag, dem 25. Dezember 1870, kamen Orchestermitglieder der Züricher Tonhalle in das Haus Tribschen und weckten die 33-jährige Cosima in aller Frühe mit dem etwa zwanzigminütigen „Tribschener Idyll“, das später zum „Siegfried-Idyll“ wurde.

Das Foto entstand 1873: Cosimas Kinder Isolde, Eva, Siegfried, Blandine und Daniela. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung

Aus Platzgründen spielte nur eine kleine Streicher-Besetzung. Weil die Musiker deshalb im Treppenhaus Aufstellung nahmen, wurde das „Siegfried-Idyll“ von Wagners Kindern auch später nur „Treppenmusik“ genannt. Nach dieser Uraufführung im kleinsten Kreise schritt Richard Wagner mit den Kindern und dem anwesenden Friedrich Nietzsche an Cosimas Bett und überreichte ihr das Manuskript des „Siegfried-Idyll“.

Der Titel des Geburtstagsgeschenks: „Tribschener Idylle mit Fidi-Vogelgesang und Orange-Sonnenaufgang, als symphonischer Geburtstagsgruß seiner Cosima dargebracht von Richard Wagner“.

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Überraschung am Weihnachtstag

Genau acht Jahre später, die Familie Wagner lebte seit vier Jahren im Haus Wahnfried in Bayreuth, überraschte Richard Wagner seine Cosima am ersten Weihnachtsfeiertag des Jahres 1878 ein zweites Mal: Er bat den Herzog von Meiningen um eine zweitägige Beurlaubung seiner Hofkapelle. Die Musiker trafen einen Tag vor Heiligabend in Bayreuth ein – sozusagen als polyphones Weihnachtsgeschenk.

Kurz zuvor hatte Richard Wagner die Partitur zum „Parsifal“-Vorspiel abgeschlossen. Und dieses weihevolle vorab instrumentierte Werk wurde am ersten Feiertag morgens um sieben Uhr in der Halle des Hauses Wahnfried uraufgeführt – erneut ganz privat. Am Abend gab es zudem ein Konzert mit dem „Siegfried-Idyll“ und Beethoven-Sätzen. Frau Cosima war außer sich vor Entzücken. In ihr Tagebuch schrieb sie wonnetrunken: „O dass man nur Worte hätte für solche Freuden“.

Zu Richards Weihnachtsüberraschungen gehörte auch der so genannte „Kinderkatechismus“, der am 25. Dezember 1873 und ein Jahr später in einer neuen instrumentierten Fassung beim ersten Weihnachtsfest in Wahnfried von den Kindern aufgeführt wurde. Eine Huldigung mit Gesang und Klavierbegleitung für Cosima. Allerdings kann man zumindest hier über den Gehalt von Richard Wagners Dichtkunst streiten:

Wisst ihr Kinder, was blüht am Maitag? Die Rose, die Rose, die Ros im Mai.

Kinder, wisst ihr auch, was blüht in der Weihnacht?

Die Kose, die Kose, die kosende Mama, die Cosimama.

Als die Meininger Hofkapelle morgens um sieben Uhr im Saal von Wahnfried das „Parsifal“-Vorspiel spielte, war Frau Cosima außer sich vor Entzücken. In ihr Tagebuch schrieb sie wonnetrunken: „O dass man nur Worte hätte für solche Freuden“. Der Bayreuther Karikaturist Matthias Ose hat das weihnachtliche Geburtstagsgeschenk in einer Zeichnung interpretiert. Repro: Stephan Müller.

Die „Heilige Familie Wagner“

Aber auch Frau Cosima wusste, wie sie ihrem Richard eine unvergessliche Bescherung bereiten konnte. Für den Heiligen Abend des Jahres 1880 dachte sie sich ein lebendes Bild aus: die „Heilige Familie Wagner“. Cosima, Töchter Eva, Isolde und Blandine mimten die musizierenden Engel, Tochter Daniela saß als Madonna neben dem Jesus-Knaben, der von Wagners einzigen Sohn Siegfried verkörpert wurde.

In ihrem Tagebuch berichtet die Ehefrau über Richards Reaktion: „Das lebende Bild, herrlich gestellt und gehalten von den Kindern, erfreut und ergreift ihn.“

Der beglückte Meister bat sogleich den anwesenden Maler und Freund Paul von Joukovsky, die Szene mit dem Pinsel festzuhalten. Ein bisschen kitschig fiel das Gemälde schon aus, aber – was soll`s“? Der Bayreuther Lokalhistoriker und ehemalige Bürgermeister Bernd Mayer stellte dazu einmal augenzwinkernd fest: „Es war immerhin das erste und einzige Mal, dass sich die Wagners als heilige Familie aufgeführt haben…“

Die „Heilige Familie Wagner“. Der Maler Paul von Joukovsky hielt das „lebende Bild“ vom Heiligen Abend des Jahres 1880 mit dem Pinsel fest. Im Vordergrund Wagnersohn Siegfried (Fidi) als Jesusknabe, neben ihm Daniela von Bülow als Madonna. Eva, Isolde und Blandine mimten die musizierenden Engel. Im Hintergrund erkennt der Betrachter die Bayreuther Stadtkirchentürme. Repro: Stephan Müller.

Hier noch einmal ein Überblick über Richard Wagners schönste Weihnachtserlebnisse:

Am 26. Dezember 1862 fand Wagners erstes Konzert im „Theater an der Wien“ statt. Im Beisein der Kaiserin Elisabeth standen das Vorspiel und zwei Szenen aus den „Meistersingern“ sowie „fertige“ Teile des „Rings“ auf dem Programm. Vor allem nach dem „Walkürenritt“ brandete großer Jubel auf.

  1. Dezember 1866: Wagner schreibt Stolzings Preislied im dritten Akt der „Meistersinger“ nieder.
  2. Dezember 1870: Richard Wagner führt am Weihnachtsmorgen zu Cosimas Geburtstag das „Siegfried-Idyll“ im Treppenhaus im Haus Tribschen bei Luzern auf. Auch Nietzsche ist anwesend.
  3. Dezember 1873: Familienaufführung des „Kinderkatechismus“ in der Halle von Wahnfried
  1. Dezember 1874: Aufführung einer neuen, instrumentierten Fassung des „Kinderkatechismus“ in der Halle von Wahnfried 
  1. Dezember 1878: Morgens um 7 Uhr spielt das von Wagner engagierte Meininger Hoforchester (unter Wagners Leitung) im Saal von Wahnfried das „Parsifal“-Vorspiel mit Konzertschluss, dessen Partitur vermutlich schon im Oktober, spätestens Anfang Dezember entstanden ist. Abends Konzert mit dem „Siegfried-Idyll“ und Beethoven-Sätzen.

Am Heiligen Abend 1882 führt Wagner mit einem Schülerorchester im Teatro la Fenice seine 1833 im Gewandhaus aufgeführte Jugend-Symphonie in C-Dur auf. Liszt spielt zu Ehren seiner Tochter Klavier. Bei einer Hauptprobe am Vormittag hat Wagner Herzkrämpfe.


Text: Stephan Müller



Stephan Müller (53) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.


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Das haben Kaiserin Sisi und Cosima Wagner gemeinsam

Am Sonntag, dem 24. Dezember 1837, kamen an ein und demselben Heiligen Abend zwei Mädchen zur Welt, die später beide weltberühmt wurden, sich auch begegneten und beide einen Bezug zu Bayreuth haben. bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller blickt zurück.


Christ- und Sonntagskind

Cosima, spätere Ehefrau von Richard Wagner, und Elisabeth, genannt „Sisi“, Kaiserin von Österreich sind die beiden Christkinder. „Sisi“ ist ein paar Stunden älter: Elisabeth kam um die Mittagszeit um Viertel vor elf Uhr im Herzog-Max-Palais in München zur Welt. Ihre Eltern waren Herzog Max Joseph I. in Bayern und Prinzessin Ludovika, Tochter von König Max Joseph.

Cosima wurde erst kurz vor Mitternacht, gerade noch am 24. Dezember 1837, am Comer See geboren. Sie war die zweite nichteheliche Tochter des damals schon berühmten Franz Liszt und der Gräfin Marie d´Agoult.

Cosima Wagner. Foto: Stephan Müller

An dieser Stelle sein angemerkt, dass sehr oft der 25. Dezember als Cosimas Geburtstag genannt wird. Dies liegt an Cosimas Tagebuch-Einträgen, in denen sie ihre Geburtstagsfeiern am ersten Weihnachtsfeiertag beschreibt. Grund dafür war, dass der Heilige Abend nicht ihr, sondern das „Fest“ für die Kinder sein sollte.

Beide „Sonntagskinder“ haben mit Bayreuth zu tun

Cosima Wagner lebte bekanntlich als Ehefrau und spätere Witwe von Richard Wagner fast 60 Jahre in Bayreuth. Auch „Sisi“ hat eine „Beziehung“ zu Bayreuth. Ihr Großvater väterlicherseits lebte fast zwei Jahrzehnte bis zu seinem Tod in Bayreuth, dabei in den Sommermonaten vornehmlich in der Eremitage. Es handelte sich um Herzog Pius von Bayern, der von den Bayreuthern nur der der „Klausner-Pius aus der Eremitage“ genannt wurde.

Begegnung in Bayreuth

Die beiden Damen sind sich auch in Bayreuth begegnet. Sisi war die Cousine von König Maximilian II., dem Vater des großen „Festspielförderers“ Ludwig II. Sisi und Ludwig waren sich sehr ähnlich. Sie verabscheuten höfische Zwänge, lasen fast täglich Bücher und liebten die Musik Richard Wagners.

Am 26. Dezember 1862 dirigierte Richard Wagner im Beisein der Kaiserin Elisabeth sein erstes Konzert im „Theater an der Wien“. Auf dem Programm standen das Vorspiel und zwei Szenen aus den „Meistersingern“ sowie „fertige“ Teile des „Rings“. Vor allem nach dem „Walkürenritt“ wurde schon während des Konzerts gejubelt.

Als Richard Wagner am Ende die Bühne betrat, brach ein langer ungeheurer Beifall los. Kaiserin Elisabeth beugte sich unter den erstaunten Blicken der Besucher applaudierend aus der Loge. Mit ergeben ausgebreiteten Armen dankte der Meister für diese besondere – selten erlebte – Huldigung, die Erzherzogin Sophie sogar eine Eintragung in ihr Tagebuch wert war.

Begeisterung pur

Die Kaiserin Elisabeth war offenbar von der Musik derart begeistert, dass sie im Januar 1863 drei weitere Konzerte mit Richard Wagner besuchte. Das war bereits mehrere Monate bevor Ludwig II. Richard Wagner in München erstmals begegnete und ihn zu seinem Hofkapellmeister berief (4. Mai 1864) und bevor Richard und seine spätere Frau Cosima im Haus Pellet am Starnberger See endgültig ein Paar wurden (29. Juni 1864).

Franz Xaver Winterhalter schuf 1865 das wohl bekannteste Ölgemälde von Kaiserin Elisabeth von Österreich mit den „Edelweiß-Sternen“ im Haar.

In Erinnerung an den 1886 verstorbenen Ludwig II. reiste Sisi auch nach Bayreuth, um im Sommer 1888 einer -von Cosima Wagner szenisch geleiteten – „Parsifal“-Aufführung im Festspielhaus beizuwohnen.

Auch hier war ihre Reaktion auf die Musik gefühlvoll:

Es ist etwas von dem man wollte, dass es nie endet, dass es immer so fortgeht.

Ihre Tochter, Erzherzogin Valerie, schrieb: „Mama war so entzückt, dass sie den Kapellmeister Mottl und die Darsteller des Parsifal und Amfortas zu sehen wünschte … ihre unpoetischen Erscheinungen nahmen etwas von der Illusion.“

Natürlich sprach die Kaiserin auch ausführlich mit Cosima Wagner, vor allem natürlich über Ludwig II., Sisis Neffen zweiten Grades. Cosima betonte die Ähnlichkeit von Ludwig und Sisi und sagte später zu Elisabeths Nichte Amélie, dass sie noch nie solche Ergriffenheit gesehen habe, „wie bei Tante Sisi nach dem ‚Parsifal'“.

Vierhändig am Klavier

Sicherlich werden sich Festspielleiterin und die Kaiserin auch über private Dinge unterhalten haben und es wird bestimmt von Cosimas Vater Franz Liszt, der damals vor zwei Jahren verstorben war, die Rede gewesen sein.

Als sich Kaiserpaar am Pfingstsamstag, dem 8. Juni 1867 in der Matthiaskirche von Budapest zum König und zur Königin von Ungarn krönen ließen, ertönte die „Krönungsmesse“, die Liszt eigens für diese Zeremonie komponiert hatte. Auch ist verbrieft, dass Sisi mit dem Klaviervirtuosen, der eine Kultfigur des damaligen europäischen Musiklebens war, vierhändig Klavier spielte.

Kein Thema war mit Sicherheit Lola Montez gewesen sein, die aber auch in beiden Familiengeschichten eine Rolle spielte.

Sanierung für 20.000 Gulden

Die damals 25-jährige verruchte Tänzerin war ab Oktober 1846 die Geliebte von Sisis Onkel, dem 60-jährigen Königs Ludwig I. Der Bayernkönig verliebte sich unsterblich in Lola Montez und änderte schon im November 1846 sein Testament zu ihren Gunsten. Wenige Tage später erwarb der Monarch für die Tänzerin ein Palais in der Barerstraße, das er für 20.000 Gulden sanieren ließ. Viele weitere Peinlichkeiten um Lola Montez, die beim Volk für viel Unruhe sorgten, trugen schließlich maßgeblich zum Rücktritt von Ludwig I. im Jahr 1848 bei.

Pikante Liebschaften

Auch der von den Frauen umschwärmte Franz Liszt hatte im Februar 1844, also vier Jahre vor Abdankung des bayerischen Königs, eine Liebschaft mit der rassigen Tänzerin. Lola lernte Liszt nach einem Konzert entweder am 24. Februar in Dessau oder am 25. Februar in Köthen kennen. Sicher ist, dass sie ihn nach seinem Konzert nach Dresden begleitete.

Pikant ist, dass sich der Pianist dieser Affäre offensichtlich nur mit Mühe wieder entziehen konnte. Man erzählte sich, dass Liszt Lola Montez im Hotelzimmer bereits am 29. Februar eingesperrt haben soll. Zumindest sprach sich herum, dass der Portier die Anweisung bekam „die Tobende erst zwölf Stunden nach seiner Abfahrt freizulassen“. Dafür hinterlegt Liszt vorsorglich einen „ansehnlichen Betrag“ für das vermutlich demnächst zertrümmerte Mobiliar.

Nein, über diese Frau werden sich die beiden „Sonntagskinder“ sicher nicht unterhalten haben ….


Text: Stephan Müller


Stephan Müller (53) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.


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Arktis-Reise: So bereitet sich ein Forscher der Uni Bayreuth vor

Christoph Thomas ist Professor für Mikrometeorologie an der Uni Bayreuth. Im Februar 2020 wird er mit zwei Kollegen aus Bayreuth und drei weiteren Wissenschaftlern des Alfred-Wegener-Institutes nach Ny-Ålesund reisen – auf die Insel Spitzbergen in die Arktis. Wie er sich auf seine dritte Polarexpedition vorbereitet, erzählt Christoph Thomas im Video.

Fjord bei Spitzbergen. Foto: privat

Projekt „Nytefox“: Was untersucht wird

Das Projekt „Nytefox“ in der Arktis auf 80 Grad nördlicher Breitet startet im Februar 2020. Im Ort Ny-Ålesund, der ausschließlich für wissenschaftliche Zwecke genutzt wird, hat das Alfred-Wegener-Institut eine Forschungsstation. Innerhalb von sechs Wochen untersuchen Forscher Prozesse, die dem Klimawandel zugrunde liegen, wie das Abschmelzen des Eises und den Aufbau der Schneemassen mit der sogenannten Glasfaser-Hobeltechnik. „Auf einer Strecke von 15 Kilometern haben wir alle 12,5 Zentimeter einen Messpunkt. So bekommen wir ein einmaliges Prozessverständnis.“, sagt Professor Thomas. Gemessen wird die Temperatur im Boden, im Wasser und Eis sowie die Windrichtung, in die sich die Luftmassen bewegen.

Drei Wochen in Kälte und Dunkelheit

Professor Christoph Thomas, der aktuell an der Uni Bayreuth lehrt, wird selbst für drei Wochen dort sein. „In der Polarnacht erwarten uns dort Temperaturen von bis zu minus 25° Celsius“, erklärt der 45-Jährige. Hell wird es gar nicht. Erst am 1. März geht dort wieder die Sonne auf, erklärt er. Dann steigen auch die Temperaturen wieder. Bereits 2018 war Professor Thomas schon einmal in der Arktis, 2012 auch in der Antarktis. Angst hat er allerdings keine.

Christoph Thomas. Foto: Redaktion

Ich bin wahnsinnig gespannt auf die Reise und habe Respekt vor der gewaltigen und auch gewalttätigen Landschaft. Ich freue mich auf die geruchlose unberührte Landschaft, die Einsamkeit und die Stille.

(Christoph Thomas, Forscher)

Geräte verpacken und ärztlicher Check-Up

Solch eine Reise benötigt Vorlauf in der Vorbereitung. „Die wissenschaftlichen Geräte haben wir bereits im Oktober auf 16 Paletten verpackt und nach Bremerhafen geschickt. Von dort aus werden sie dann in die Arktis gesendet. Der Vorlauf ist nötig, weil der Zoll die Ladung genau kontrolliert“, erklärt Christoph Thomas. Auch bei der Wiedereinfuhr nach dem Projekt im April müsse alles haargenau wie bei der Einreise verpackt sein.

Alle Forscher, die nach Ny-Ålesund reisen werden außerdem auf polare Tauglichkeit getestet. „Ich bin noch nie zuvor so sorgfältig untersucht worden“, sagt er und lacht. Neben Herz- und Kreislauf-System, werden auch die Augen oder die Zähne durchgecheckt und registriert. Das hat einen wichtigen Grund:

Stürzt man im Eis ab, könnte man anhand des Gebisses auch Jahre später noch identifiziert werden.

(Christoph Thomas, Forscher)

Die Forschungssiedlung in Ny-Ålesund. Foto: privat

Eine Unterhose reicht

An sonstigem Gepäck brauche man lediglich seine Unterhose. „Das Alfred-Wegener-Institut stellt Kleidung zur Verfügung, wenn man möchte. Man muss nur vorher seine Maße abmessen und angeben“, sagt er. Auch kulinarisch sei er optimal versorgt. Drei Mal pro Tag kommen alle Nationen von Forschern zusammen und man isst gemeinsam in der Mensa. „Das ist gut, um beim Forschen das Gefühl für Raum und Zeit nicht völlig zu verlieren. Es ist wichtig, Zeit in Gesellschaft zu verbringen“, sagt Christop Thomas.

Am Samstag und Sonntag gibt es auf der Station sogar einen Dresscode: Es ist Pflicht ein Hemd beim Dinner zu tragen. In der Bar gibt es auch Bier oder Wein. Allerdings bekommt jeder nur eine gewisse Menge, die auf einer Karte bei der Ausgabe abgezwackt wird.

(Christoph Thomas, Forscher)

Handy verboten

Ein Auserwählter muss täglich in Kontakt mit dem Festland bleiben, um sicher zu stellen, dass es dem Team gut geht, sagt er. Die Nacht verbringt man geschützt in einer Holzhütte. In ganz Ny-Ålesund gilt allerdings Funkstille, um die Messgeräte nicht zu stören. Handys oder Geräte mit Bluetooth sind deswegen verboten, erklärt Professor Thomas. Doch via Internet im Büro kann man Kontakt zu seinen Liebsten halten.  „Ich blogge auf der Reise täglich“, so der 45-Jährige.

Ny-Ålesund auf Spitzbergen. Foto: privat

3.100 Kilometer nördlich von Bayreuth

Die Reise geht relativ schnell, so Christoph Thomas. Er wird an einem Sonntagabend gegen 21:40 Uhr in Frankfurt mit dem Flugzeug starten. Von dort aus geht es über Oslo und Tromsø in Norwegen zur Bergbaustadt  Longyearbyen auf die Insel Spitzbergen. Und dann weiter zur Forschungsstation Ny-Ålesund. „Gegen 16 Uhr am Montag bin ich schon dort, also nicht einmal 24 Stunden unterwegs. Es sind etwa 3.100 Kilometer Luftlinie in nördliche Richtung von Bayreuth zur Station“, erklärt er.

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Ende November hat Andreas Opel das erste Bayreuther Stadtcafé eröffnet. Im bt-Gespräch erzählt Andreas Opel, wie er als Quereinsteiger zur Gastronomie kam und warum das Stadtcafé aus allen Nähten platzt.

Vom Kaufmann zum Gastronom

Mit Opel’s Stadtcafé in Bayreuth hat Andreas Opel neben dem Schlosscafé in Sanspareil sein zweites Café aufgebaut. Im nächsten Jahr soll in Bayreuth sogar ein drittes folgen – die Details kann er aktuell allerdings noch nicht verraten.

Doch gelernt hat Opel eigentlich etwas ganz anderes. Zwar stammt der Glashüttner aus einer Gastronomie-Familie, doch er sei der einzige seiner Geschwister gewesen, der nie etwas mit Gastronomie am Hut haben wollte.

Blick aus dem Stadtcafé. Foto: Susanne Monz

Der 40-Jährige arbeitete als Vertriebsleiter bei mehreren Schokoladen-Herstellern. Weil dort im Sommer wenig zu tun war, übernahm er den Freibad-Kiosk in Waischenfeld und später auch den in Hollfeld. So kam Opel also über Umwege zur Gastronomie. In Sanspareil eröffnete der Glashüttner dann sein erstes Café.

Windbeutel-Experte in Sanspareil

Sein Aushängeschild ist seitdem der Windbeutel. Auf die Frage wie er auf Windbeutel kam, muss Opel grinsen: „Ich stand eines Tages vor dem Morgenländischen Bau in Sanspareil. Da fiel mir auf, dass dieser einem Windbeutel ähnelt. So war die Idee geboren.“

Opel’s Markenzeichen: Windbeutel. Foto: Susanne Monz

Windbeutel gibt es auch im Stadtcafé in Bayreuth. „Es ist einfach mein Markenzeichen.“ Neben den klassischen Windbeuteln gibt es bei Andreas Opel auch verschiedene Kreationen, die je nach Saison wechseln.

Einmal habe ich den „Crazy-Windbeutel“ kreiert. Der bestand aus Marshmallows und Gummibärchen. Eigentlich dachte ich, dass das ein Kinder-Gericht ist, aber gerade bei älteren Leuten war das der Renner.

(Andreas Opel, Inhaber Opel’s Stadtcafé Bayreuth)

Die Gäste sind begeistert

Die Entscheidung das Stadtcafé zu eröffnen, war ein Spontanentschluss. Doch das Konzept geht voll auf, wie der 40-Jährige verrät: „Die ersten Tage haben eingeschlagen wie eine Bombe. Der Zuspruch von den Gästen ist einfach riesig.“

Zehn Tische gibt es aktuell im Stadtcafé. Im Sommer soll dann auch der Platz außen genutzt werden. Die Umgebung passt auch zum Namen des Cafés. Denn Bayreuth war bis vor kurzem die einzige Stadt mit über 50.000 Einwohnern, die kein Stadtcafé besaß, so Opel. Das wollte er ändern. Und der Name ist Programm, denn wirft man einen Blick aus der großen Fensterfront ist man mitten in der historischen Altstadt.

Konzept wird stetig erweitert

Sobald der erste Ansturm vorbei ist, plant Opel weitere Veränderungen. Dann soll es neben den Kuchen, Windbeuteln, Flammkuchen und herzhaften Tagesgerichten auch ein Frühstücksbuffet geben. Zusätzlich soll im Eingangsbereich ein kleiner Shop mit regionalen Produkten entstehen.

Im Café gibt es Pralinen und Kaffee zu kaufen. Foto: Susanne Monz

Ich bin einfach voller Tatendrang. Man hat nur dieses eine Leben und deshalb mache ich das was mir Spaß macht und nehme alles mit.

(Andreas Opel)

Die bt-Leser haben abgestimmt: Das ist Bayreuths bestes Schäufele

Dass es am Sonntag Braten mit Klößen gibt, war für die gebürtige Kalifornierin neu. Cortney Hacker hat gemeinsam mit ihrem Mann Johnny im Januar 2009 die Becher-Bräu in Bayreuth übernommen. Inzwischen hat sie nicht nur Routine traditionell fränkische Gerichte zu kochen – die bt-Leser finden sogar: Bei ihr in der Becher-Bräu gibt’s das beste Schäufele der Stadt! Im Video erzählt sie von ihren ersten Koch-Versuchen.

„In Amerika geht man sonntags mit der Familie Brunchen. Aber so etwas wie einen Sonntagsbraten gibt es dort nicht“, erklärt Cortney Hacker. Diese Tradition habe sie erst hier in der Becher-Bräu kennen gelernt, die sie seit knapp elf Jahren gemeinsam mit ihrem Mann Johnny betreibt. Die 36-Jährige kam vor 22 Jahren aus der Nähe von Santa Barbara (USA) nach Franken. „Meine Mutter stammt aus Nürnberg. Und mein Stiefvater hat dort und im Bayreuther Raum Gastronomie betrieben“, erklärt sie. Seitdem sei sie in der Gastro-Branche aktiv.

In diesem Ofen gart Cortney Hacker das Schäufele. Foto: Carolin Richter

Erster Kontakt mit Braten und Schäufele

Die ersten Versuche Schäufele zu kochen, waren gar nicht so einfach, erinnert sie sich. „Natürlich hat mir meine Schwiegermutter Tipps gegeben“, sagt sie. Es war sehr viel learning by doing. Man müsse es gut würzen, damit man eine schmackhafte Soße bekommt. Doch es gebe eine Challenge: „Das Schäufele soll eine knusprige Kruste haben, aber das Fleisch darf innen nicht zu durch oder zäh werden“, sagt Cortney Hacker. Bis es geklappt hat, habe es eine Weile gedauert. Aus der Ruhe hat sie sich aber nicht bringen lassen: „Das nächste Mal klappt’s bestimmt besser – das war meine Einstellung“, sagt sie und grinst. Doch jetzt habe sie ein festes System, das gut funktioniere.

In der Becher-Bräu soll es das beste Schäufele Bayreuths geben – so das Urteil der bt-Leser. Foto: Redaktion

Das Schäufele soll außen knusprig sein, aber man darf es nicht zu Tode braten.

(Cortney Hacker, Inhaberin Becher-Bräu Bayreuth)

Zum Schäufele gibt es in der Becher-Bräu Klöße und Salat. „Wer möchte, bekommt natürlich auch Sauerkraut dazu. Aber ich mag das nicht so gerne. Schon bei meiner Oma hat mir das nie geschmeckt“, erklärt sie.

Außer dem Schäufele sind auch Sauerbraten und Rehbraten in der Becher-Bräu beliebt, so Cortney Hacker.

Hauptsache deftig

Inzwischen isst Cortney Hacker allerdings gerne Sonntagsbraten. „Das Schäufele teile ich mir aber mit meinem Mann. Das schaffe ich nicht ganz“, sagt sie. Doch auch Fast Food, wie Pizza oder Chicken Nuggets mag sie – Hautpsache deftig. „Die Kinder wünschen sich außerdem oft Nudeln“, ergänzt sie.

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