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Seit vier Jahren in Deutschland – in der Rapmusik angekommen

Jafar Ali Gasimi und Jawad Saberi (beide 19) kommen aus Afghanistan. Seit vier Jahren sind die beiden in Deutschland und versuchen sich hier, so gut es geht, zurechtzufinden. Bei ihrer Integration nimmt Rapmusik eine besondere Rolle ein.

Einen ganzen Monat unterwegs

Jafar Ali Gasimi ist 19 Jahre alt. Er kommt aus Afghanistan. 2015 musste er seine Heimat verlassen, aus politischen Gründen, wie er erzählt.

Zu Fuß hat er sich, mit seinem Brüdern, auf den Weg nach Deutschland gemacht. Die Route führte ihn über den Iran und die Türkei. Manchmal seien die Brüder auch in Autos mitgefahren. Insgesamt waren sie einen ganzen Monat unterwegs. 

Jafar. Foto: Frederik Eichstädt.

Alles wird gut

In Deutschland fand Jafar schnell den Zugang zur Rapmusik. Auch in Afghanistan habe es Rapper gegeben, diese seien allerdings alle schlecht, wie der 19-Jährige erzählt. Richtig klick gemacht habe es also erst in Deutschland. Insbesondere das Lied „Alles wird gut“ von Bushido, habe dem jungen Erwachsenen neue Hoffnung gegeben

Und wenn sie meinen du stehst nie wieder auf, dann lass sie reden,
Junge, zeig ihnen, das ist dein Traum, du wirst ihn leben!
Und beweis diesen Leuten, die niemals an dich geglaubt haben,
das, was sie haben, kannst du auch haben!
Denn wenn sie meinen, du hast hier nix verloren, dann zeig es ihnen
Zeig es allen, keiner hält dich mehr auf, komm, lass dich fallen
Heb den Kopf und blick einfach nach vorn und jetzt versuch’s
Ich sag‘, versuch’s! Alles wird gut!

(Bushido – Alles wird gut)

In der Musik angekommen

Zum Teil fühlt sich Jafar in Deutschland noch fremd. Das liege natürlich zum einen daran, dass man sich nicht mit jedem Menschen immer reibungslos verständigen kann, zum anderen aber auch daran, dass man von manchen Menschen manchmal komisch angeschaut werde. Durch die Musik habe er aber schon Zugang zu den Menschen hier gefunden.

In der Rapmusik fühle ich mich in Deutschland angekommen.

(Jafar Al Gasimi über den Stellenwert der Musik)

Durch Workshops an das Mikrofon

Die Musik hat den 19-Jährigen beeindruckt. Im Rahmen eines Rap-Workshops in Bayreuth kam er dann auf die Idee, es auch selbst einmal zu probieren. Inzwischen rappt er eigene Texte, sogar auf deutsch. Dabei kommt er mit vielen Gleichgesinnten in Kontakt. Einer von ihnen ist Jawad Saberi, der sich als Rapper Jawati nennt.

Jawati. Foto: Frederik Eichstädt.

Rap in der Steinfabrik 

Auch Jawati ist 19 Jahre, auch er kommt aus Afghanistan. Wie Jafar, kam auch er im Jahr 2015 nach Deutschland. Zur Rapmusik kam Saberi jedoch schon in seiner Heimat bei der Arbeit in einer Steinfabrik. Anfangs faszinierten ihn die amerikanischen Künstler wie Chris Brown, Tupac oder 50 Cent, inzwischen hört er fast ausschließlich deutschsprachige Rapper wie KC Rebell oder Samra. 

Emotionen transportieren

In den vier Jahren, in denen er in Deutschland ist, hat Jawad erstaunlich gut deutsch gelernt, auch durch die Rapmusik. Besonders beeindrucke den 19-Jährigen dabei die Energie, die in der Musik steckt. Deshalb habe auch er irgendwann angefangen eigene Texte zu schreiben. 

Ich finde es beeindruckend, wie Leute ihre Gefühle und Emotionen in den Liedern herauslassen und transportieren können.

(Jawad Saberi über Rap)

In seinen Texten verarbeite er eigene Erlebnisse und Geschichten. Dass man sein eigenes Leben in Liedform erzählen könne, faszinierte den Afghanen dabei schon immer. Inzwischen rappt er sowohl auf persisch als auch auf deutsch. Und das macht er erstaunlich souverän und textsicher. 

Ich mache Rap nicht wegen Geld oder weil ich dann bei anderen Leuten mehr angesehen bin. Für mich geht es darum, Gefühle rauszulassen. 

(Jawati über seine Beweggründe)

Iwalewahaus

Foto: Redaktion.

Von den Rap-Fertigkeiten dieser oder anderer Nachwuchskünstler aus Afghanistan, Syrien, dem Iran und anderen Ländern können sich Interessierte bei der Puerto Session #2 im Iwalewahaus überzeugen. Sie findet am 21. September ab 21 Uhr statt.

Carl Maria von Weber: Als Knabe auf Bayreuths Bühnen

Bayreuth im September 1793. Der Schriftsteller Jean Paul besucht die alte Residenzstadt und lernt in diesen Tagen Emanuel Osmund kennen. Es entsteht eine lebenslange enge Freundschaft. Vielleicht haben die beiden Männer einen Spaziergang von der Friedrichstraße, vorbei am „Theater im Reithaus“ zum Neuen Schloss und über den Kutscherplatz zum Markgräflichen Opernhaus gemacht. Möglicherweise ist Jean Paul auf dem Weg der siebenjährige Carl aufgefallen, der lustig um seine Eltern sprang, und möglicherweise sah er den 23-jährigen Alexander, der vom preußischen Oberbergdépartement, das sich entweder in der Kanzlei oder im Alten Schloss befand, nach Hause ging.

Es ist eine fiktive Vorstellung, aber bei nur 9.000 Einwohnern, die Bayreuth damals hatte, sicher keine unwahrscheinliche, meint Hobby-Historiker Stephan Müller. Denn der Dichter Jean Paul, der spätere Komponist Carl Maria von Weber und der Bergmann und spätere Naturforscher Alexander von Humboldt waren gleichzeitig in Bayreuth.

Auch wenn Jean Paul, der ab 1804 bis zu seinem Tod im Jahr 1825 in Bayreuth sesshaft wurde, nicht wusste, wer ihm vielleicht im September 1793 begegnet ist, gehört und gelesen hat er später mit Sicherheit von diesen beiden Bayreuthern: Von Carl Maria von Weber, der 1821 mit der Uraufführung des „Freischütz“ einen unglaublichen Erfolg feierte, oder von Alexander von Humboldt, der viele Jahre als Forscher in Südamerika unterwegs war, wissenschaftliche Aufsätze schrieb und im diplomatischen Dienst für die preußische Krone unterwegs war. „Richtige Bayreuther“ waren natürlich beide nicht: Carl Maria von Weber ist in Eutin geboren und Alexander von Humboldt in Berlin. Aber dennoch eint sie, dass sie beide ab dem Frühjahr 1793 Lebensjahre in Bayreuth verbracht haben und sie mit Sicherheit den noch unverfälschten Dialekt der Einheimischen nur schwer verstanden haben.

Alexander von Humboldt und Jean Paul verbrachten ebenso wie Carl Maria von Weber einige Jahre in Bayreuth. Fotos: Bernd-Mayer-Archiv

Heute wenden wir uns aber Carl Maria von Weber zu, der am 18. oder 19. November 1786 in Eutin geboren wurde. Sicher ist, dass er am 20. November in der dortigen Schlosskapelle getauft wurde. Sein Vater, der fürstbischöfliche Kapellmeister Franz Anton von Weber, gründete 1789 eine eigene Theatertruppe, die ab März 1793 ihren Dienst in Bayreuth antrat. Als Prinzipal trug Anton von Weber, der mit seiner Familie im „Goldenen Anker“ logierte, der Mode und den Wünschen des Publikums offenbar Rechnung und bot ein ausgewogenes Angebot aus Lustspiel, Drama und Oper. Sein Ensemble muss sich schnell gut eingeführt haben, denn in einem Schreiben vom 10. April 1793 machte Freiherr von Hardenberg dem „Generalgouverneur von Anspach und Bayreuth“, Herzog Friedrich Eugen von Württemberg, den Vorschlag, das Ensemble fest anzustellen und aus den Mitteln der Hofkasse „zu unterstützen“.

Ein zweites Theater in Bayreuth

Die leidige Tatsache, dass das Opernhaus nur in halbwegs wärmender Jahreszeit bespielbar war, hatte noch unter Markgraf Karl Alexander 1785 zur Einrichtung eines kleineren, einigermaßen heizbaren Theaters in der Reithalle geführt. In diesen beiden Spielstätten führte Anton von Weber Goethes Trauerspiel „Clavigo“, Haydns Singspiel „Der Freibrief“ oder Schillers Dramen „Die Räuber“, „Don Carlos“ oder „Kabale und Liebe“ ebenso auf, wie im Frühjahr 1794 die erst 1791 uraufgeführte Mozart-Oper „Die Zauberflöte“. Gerade das Interesse an Mozarts Werken war groß, schließlich war Mozarts Ehefrau Constanze, geborene Weber, Antons Nichte und somit Carl Marias Cousine. Somit sei m Rande bemerkt, dass also nicht nur Mozarts „Bäsle“ (Cousine) Marianne Thekla Mozart von 1814 bis 1841 in Bayreuth lebte, sondern zehn Jahre vorher auch schon der Cousin von Wolfgangs Frau.

In der ehemaligen Markgräflichen Reithalle wurde Ende des 18. Jahrhunderts das „Theater im Reithaus“ eingerichtet. Im Jahr 1841 wurde das Jean-Paul-Denkmal vor der Reithalle aufgestellt. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung.

In der Weberschen Gesellschaft bildete die Familie Weber den Kernstock: Vater, Mutter, Sohn und Schwiegertochter waren beachtenswerte Künstler, die Ergänzung in Kinderrollen war der kleine Carl Maria gut zu verwenden. In so manchen Stücken war der Knabe auf den beiden Bayreuther Bühnen zu sehen. In „Hamlet“ trat er als Page der Königin auf, in Brahms Lustspiel „Der ungegründete Verdacht“ war er Lucindes Söhnchen „Tom“ und in dem Singspiel „Die Jagd“ spielte er das „Hänschen“. Belegt ist auch seine Mitwirkung in Kotzebues „Menschenhass und Reue“, in „Der  schwarze Mann“ und in Mozarts „Zauberflöte“. Von der Aufführung des Schauspiels „Albrecht Achilles. Markgraf von Brandenburg“ gibt es im Stadtarchiv Bayreuth einen Theaterzettel vom 17. Mai 1793 in dem „d. kleine C. v. Weber“ sogar namentlich als Johannes, der erstgeborene Prinz, erwähnt wird.

Ein Theaterzettel vom 17. Mai 1793 von der Aufführung des Schauspiels „Albrecht Achilles. Markgraf von Brandenburg“ aus dem Stadtarchiv Bayreuth. Der „kleine C. v. Weber“ wird als Johannes, der erstgeborene Prinz, namentlich erwähnt. Autor des Stückes war der Bayreuther Kammersekretär bei der Königlichen Regierung Johann Christoph Krauseneck. Foto: Stadtarchiv Bayreuth.

Finanziell war Anton von Weber jedoch kein Erfolg beschieden. Er legte die Direktion nieder und übergab seine Truppe an den Schauspieldirektor Daniel Gottlieb Quandt, der ab 4. Mai 1794 das Bayreuther Ensemble leitete. Vielleicht auch, weil seine Frau Genovefa eine lukrative Anstellung am Weimarer Hoftheater in Aussicht hatte. Von Juni bis Oktober 1794 wirkte sie am Hoftheater in Weimar, Lauchstädt, Rudolstadt und Erfurt. In dieser Zeit gab der junge Carl Maria wohl in Weimar auch sein erstes Konzert.

Ein Wiedersehen in Bayreuth

Zu einem unerwarteten Wiedersehen der Bayreuther Musikfreunde mit dem 20-jährigen Carl Maria von Weber kam es im Juni 1807. Am 20. Juni 1807 zeigte der befreundete Stadtmusikus Heinel an, dass der junge Pianist, der bereits als Elfjähriger in Salzburg von Michael Haydn ausgebildet wurde, eine „Akademie“ geben werde. Das Konzert, das von dem Singchor unterstützt wird, fand am 29. Juni 1807 im Neuen Schloss statt. Untergebracht war er im Hotel „Goldenen Adler“, dem heutigen „Reichshof“-Gebäude. Schon wenig später machte er eine große Karriere: Von 1813 bis 1816 war er Operndirektor in Prag, ab 1817 wirkte er als Direktor und  Königlicher Kapellmeister am Dresdner Hoftheater.

Im Jahr 1807 gab Carl Maria von Weber eine „Akademie“ im Neuen Schloss. Foto: Stephan Müller.

Von Weber und Richard Wagner

Als Hofkapellmeister war ein großer Förderer von Richard Wagners Bruder Albert. So lernte der siebenjährige Richard Wagner um 1820 Carl Maria von Weber kennen, als der bereits mit 34 Jahren sehr erfolgreiche Komponist Wagners Stiefvater Ludwig Geyer in Dresden besuchte. Die bereits fertig komponierte Ouvertüre von Webers „Freischütz“ animierte den Knaben fleißig am Klavier zu üben, um diese Musik immer wieder hören zu können. Dieses Werk, mit dem er die damalige Vorherrschaft der italienischen Oper durchbrach, wurde nach seiner Uraufführung am 18. Juni 1821 in Berlin zur deutschen Volksoper und wurde bereits am 27. September 1822 erstmals auch in Bayreuth gespielt.

Am 5. März 1826 reiste von Weber nach London, um die Uraufführung seiner Oper „Oberon“ einzustudieren. Die Premiere fand am 12. April 1826 unter seiner musikalischen Leitung im Royal Opera House Covent Garden statt. Von einer chronischen Tuberkulose-Erkrankung geschwächt stirbt er am 5. Juni 1826 in London und wird dort in der Gruft der katholischen Moorsfield Chapel beigesetzt.

Richard Wagners Bruder Anton Wagner und sein Schwiegervater Ludwig Geyer. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung.


Text: Stephan Müller

Stephan Müller (53) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.

 

Gessn werd dahaam: Königliches Mehl aus Kemnath

In Folge 13 ist Christoph Scholz zu Besuch in der Schustermühle in Kemnath. 

Was im Gedächtnis bleibt: Geschichten über Wolfgang Wagner

Katharina Wagner brachte es jüngst in einem Interview auf den Punkt: „Wolfgang Wagner war ein Mensch, über den zahllose Geschichten kursierten – wahre und erfundene, humorvolle und zornige“. Einige dieser Geschichten kann Hobbyhistoriker Stephan Müller beitragen. Diese sind, wie er verspricht, nicht erfunden.

Mit der Stadtpolizei in die Eule

Beginnen wir mit einer Lieblingsgeschichte von Wolfgang Wagner, die es sogar in seine Biografie „Lebensakte“ geschafft hat. Wieder einmal hatten sich die beiden berühmten Dirigenten Hans Knappertsbusch und Joseph Keilberth, den der „Kna“, um ihn zu ärgern immer nur „Keilberg“ nannte, heillos gestritten. So kam Keilberth in das Büro von Wolfgang Wagner, um sich den Frust von der Seele zu reden und wohl auch zu trinken.

Dirigent Keilberth

Dirigent Keilberth, Foto: Bernd Meyer Stiftung

In seiner Lebensakte erzählt Wolfgang Wagner: „Einmal trank der Dirigent Joseph Keilberth in meinem Büro sieben tröstende Bocksbeutel, also insgesamt fast fünf Liter Wein. Ich erschrak furchtbar, als er mir mitteilte, dass er noch zu einem abschließenden Nachttrunk noch in das Künstlerlokal „Eule“ fahren wollte.“

Nachdem es Wolfgang Wagner nicht gelang, dem Dirigenten die Autoschlüssel abzunehmen, rief er die Stadtpolizei an. Die Beamten schauten sich die Sachlage an und entschlossen sich zu einer interessanten Aktion: Statt Keilberth den Autoschlüssel per Amtsgewalt zu konfiszieren, ließen sie ihn selbst ans Steuer, nahmen den VW-Käfer mit ihren zwei Dienstwagen in die Mitte, um ihn mit Blaulicht sicher zum Markt zu geleiten.

Wolfgang Wagner: „Wehmütig denken wir heute an solch städtische Serviceleistungen, in der die Promille nicht den strafenden Arm des Gesetzes beschworen, sondern dessen verständig-bedachtsam helfende Hand.“

Franz Josef Strauß will die Festspiel-Zuschüsse streichen

„Eines versprechen Sie mir: Wenn Sie in der Bundesrepublik bleiben wollen, dann tun Sie das nicht während Ihres Engagements bei den Bayreuther Festspielen, sondern später!“ sagte Wolfgang Wagner zu Götz Friedrich, den er direkt aus der DDR für eine neue „Tannhäuser“-Inszenierung verpflichtet hat. Nachdem sich der Italiener Giorgio Strehler nicht entscheiden konnte („Er war etwas problematisch in seinen Zu- und Absagen“) engagierte er Götz Friedrich, der noch nie eine Wagner-Oper inszeniert hatte und von dem er auch nie zuvor eine Inszenierung gesehen hatte.

Und Götz Friedrich sorgte auch erst einmal für Schlagzeilen: Seine Inszenierung sorgte 1972 für einen handfesten Skandal, der durch den Kalten Krieg noch verstärkt wurde: CSU-Chef Franz Josef Strauß empörte sich damals, dass der Minnesänger Tannhäuser nicht als Held, sondern als Revolutionär dargestellt wurde. Wegen des Schlussbildes mit dem „Betriebskampf-Gruppenchor der volkseigenen Betriebe Rote Lokomotive in Leipzig“ (Strauß) kündigte er die Streichung der Zuschüsse durch den Freistaat Bayern an und verließ demonstrativ den Staatsempfang im Neuen Schloss, als Götz Friedrich dort eintraf.

Übrigens hielt Götz Friedrich sein Versprechen an Wolfgang Wagner und kehrte nach den Bayreuther Festspielen nach Ostdeutschland zurück. Geflohen ist er erst ein halbes Jahr später, als er im November 1972 von einem Gastspiel in Stockholm nicht mehr in die DDR zurückkehrte und im Westen blieb.

Keine Angst, ich singe hier nicht

„Ist jemand hier, der Recht mir weiß, der tret‘ als Zeug‘ in diesen Kreis!“ Kurz nach dem Aufruf von Hans Sachs tritt werkgetreu Walther von Stolzing hervor und begrüßt Sachs, Meister und Volk mit ritterlicher Freundlichkeit. Alles weilt einen Augenblick schweigend in seiner Betrachtung.

Auch bei der „Meistersinger“-Aufführung am 28. August 1997 weilten erst einmal alle „schweigend in seiner Betrachtung, bekamen dann aber große Augen, als nicht Stolzing sondern Wolfgang Wagner auf die Bühne kam und dem überraschten Dirigenten Daniel Barenboim andeutete, dass er mal abbrechen soll.

Den mucksmäuschenstillen Zuschauern sagte er „Keine Angst ich singe hier nicht“ und teilte dem Publikum mit, dass nun Robert Dean Smith für den indisponierten Peter Seiffert als Stolzing weitersingen werde. Smith tat es und das Publikum tobte nach der Leistung des Debütanten vor Begeisterung. Wolfgang Wagner blieb übrigens gleich auf der Bühne und nahm – „im Smoking“ – zwischen dem Festspielchor Platz…

(links) Robert Dean Smith bei einer Signierstunde. Foto: Stephan Müller

Hans Walter Wild, der Parterre-Akrobat

Durch den Kulturreferenten der Stadt Bayreuth, Max Kuttenfelder, erhielt der junge Rechtsrat Hans-Walter Wild, lange bevor er Oberbürgermeister wurde, zwei Generalproben-Karten für eine „Tannhäuser-Aufführung“. Mit hochgespannter Erwartung pilgerte er mit seiner Frau Gerda zum Festspielhaus, allerdings vorgewarnt durch den Hinweis, dass die Generalproben nicht selten unterbrochen würden, wenn sich dies aus betrieblicher oder künstlerischer Notwendigkeit als erforderlich erweist.

Hans Walter Wild und Wolfgang Wagner.

Hans Walter Wild und Wolfgang Wagner. Foto: Stephan Müller

Und so geschah es denn auch. Das Ehepaar Wild hatte Plätze in den hinteren Reihen und verfolgte mit großem Interesse, wie sich Wieland und Wolfgang Wagner bemühten, auch noch die letzten Zuschauer hinaus zu bugsieren. Wild in seinem Buch „Denk ich an damals…“: „Wie hielten uns lässig bedeckt und hofften, wir würden übersehen oder die Räumung sei vielleicht nicht so ernst gemeint.“

Wie ein Bannstrahl traf sie der Zuruf Wolfgang Wagners: „Na, was ist denn mit Euch, ihr Parterre-Akrobaten!“ Weder er noch Hans-Walter Wild ahnten, dass der eine Parterre-Akrobat später, als er schon lange Oberbürgermeister war, einmal sein Trauzeuge sein würde. Wenige Tage vor der Festspielpremiere 1976 war Hans-Walter Wild erstmals in seinem Leben bei der Verehelichung von Wolfgang und Gudrun Trauzeuge. „Und ein nicht einmal ganz unbedeutender…“

Ich muss mich entschuldigen

Die sogenannte Hauptprobe, also die letzten Probe einer Neuinszenierung vor der Generalprobe, ist sehr oft „gesperrt“. In den Zuschauerraum dürfen wirklich nur Mitwirkende, die tatsächlich unmittelbar beschäftigt sind. „Du bist Ersatz eines Statisten. Setz Dich rein“, sagte der „Tannhäuser“-Regisseur Philippe Arlaud in seinem französischen Akzent zu einem Statisten! Er tat es und traf auf Wolfgang Wagner, der ihn hochkant hinauswarf.

Ungerecht behandelt fühlte er sich schon, einen roten Kopf hatte er auch, fasste aber den Entschluss besser nichts zu sagen und mit kurzen schnellen Schritten das Parkett zu verlassen. Umso erstaunter war er, dass ihn der Festspielleiter am nächsten Tag vor einer Probebühne am Arm nahm und sagte: „Ich muss mich entschuldigen“, ich wusste nicht, dass sie rein durften. Warum hamm’s denn nix g’sagt?“ – das war Wolfgang Wagner!

Banale Geschmacklosigkeit

(v.l.) Jo Schumacher und Wolfgang Wagner: Alles wieder gut. Wagner ist nicht aus dem Fremdenverkehrsverein ausgetreten. Foto: Stephan Müller

Foto: Bayreuth aktuell

Auch der langjährige Fremdenverkehrsdirektor Jo Schumacher hatte ein besonderes Erlebnis mit dem Festspielleiter. „Das ist toll. Das ist witzig.

Das Titelblatt zeigen Sie mal gleich Wolfgang Wagner“, sagte Oberbürgermeister Hans Walter Wild, der von der Fotomontage für die Monatsschrift „Bayreuth aktuell“ begeistert war und Schumacher tat, wie es ihm geheißen wurde.

Die Antwort von Wolfgang Wagner vom 4. Juli 1985, mit der Schumacher allerdings nicht gerechnet hatte, kam schriftlich und wurde „durch Boten“ übermittelt.

 

Sehr geehrter Herr Schumacher,

Sie haben mir das Plakat mit dem Breker-Kopf, Lippenstiftkussmund (bereits in Bonn sattsam verwendet), Regenschirm und merkwürdiger junge Dame zugeschickt .

Ich bedauere außerordentlich, dass Bayreuth dem allgemeinen Trend banaler Geschmacklosigkeiten nunmehr auch folgt. Nachdem Apotheken und andere Einrichtungen sich Namen der Werke Richard Wagners aus opportunistischer Werbewirksamkeit zugelegt haben, wundert mich leider langsam nichts mehr – ich darf hiermit meine Mitgliedschaft im Fremdenverkehrsverein bayreuth aufkündigen.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Wagner

(Kopie an Herrn Oberbürgermeister Hans Walter Wild)

Nachtzutragen ist, dass Oberbürgermeister Hans Walter Wild, immerhin Wolfgang Wagners Trauzeuge,  letztendlich besänftigend auf ihn eingeredet und Wagners Austritt aus den Fremdenverkehrsverein verhindert hat.

Wolfang Wagner als Geschichtenerzähler

Solisten, Chorsänger, Techniker und Statisten haben sich von der Bühne aus immer wieder gewundert, aus welcher Ecke des Festspielhauses Wolfgang Wagner aufgetaucht ist. „Plötzlich steht er neben Dir. Entweder es gibt ihn öfters oder uns sind noch nicht alle Geheimgänge bekannt“, war ein gängiger Kalauer im Festspielhaus. Die Mitwirkenden liebten „ihren Chef“ und seine Geschichten, die er immer dann zum Besten gab, wenn sich jemand in einer Pause zu fragen traute. Von der Autorität und fränkischen Sturköpfigkeit, die er gegenüber den Medien an den Tag legte, war dann nichts zu spüren. Und Geschichten hatte er, der schließlich noch zahlreiche große Menschen aus dem 19. Jahrhundert kennengelernt hatte, immer parat. Und dann hing ihm eine ganze Meute an den Lippen.

Schließlich wuchs der „Chef“ mit vielen Menschen auf, die Richard Wagner noch selbst gekannt hatten! Es war schon atemberaubend, wenn man im 21. Jahrhundert einen Mann befragt, der immerhin bis zu seinem elften Lebensjahr mit Cosima Wagner im Haus gelebt hatte – einer Frau, die am 1837 am selben Tag wie die Kaiserin Sissi von Österreich geboren worden war, und hautnah die Gründung der Festspiele miterlebt hatte.

Erzählt hat er immer höchst unkonventionell, von Cosima zum Beispiel: „Sie konnte ja am Schluss nicht mehr richtig“, sagte er. „Sie saß den ganzen Tag in ihrem Rollstuhl, bis wir sie nach dem Fünf-Uhr-Tee, wenn sich die ganze Familie versammelte, in ihr Bett hoben. Vorher haben sie Wieland und ich immer noch an den Füßen gekitzelt, weil wir wissen wollten, ob sie noch lebt.“

„So! Jetzt sterbe ich wann ich will!“

Beim Streit um seine Nachfolge setzte er sich, wie es Museumsleiter Dr. Sven Friedrich jüngst erzählte,  über das Votum der Richard-Wagner-Stiftung umstandslos mit Hinweis auf seinen Lebenszeitvertrag als Festspielleiter hinweg und blieb einfach im Amt.

Wenige, so der Museumsleiter, aber wissen, wie er seine Entscheidung damals kommentierte, nämlich mit einem typischen, trotzigen „So! Jetzt sterbe ich wann ich will!“ Er tat es 21. März 2010 im Alter von 90 Jahren.


Text: Stephan Müller

Stephan Müller (53) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.


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Dem Festspielchef zu Ehren: 100 Jahre Wolfgang Wagner

Am 30. August 2019 wäre Wolfgang Wagner (1919 bis 2010) 100 Jahre alt geworden. Der jüngste Enkel Richard Wagners leitete die Bayreuther Festspiele fast sechs Jahrzehnte und prägte sie während dieser schier unvorstellbar langen Ära wie kein anderer. Eine seiner größten Lebensleistungen war sein Engagement um Wiedereröffnung der Bayreuther Festspiele nach dem zweiten Weltkrieg. Mit dieser Thematik hat sich bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller auseinandergesetzt.


Über ein halbes Jahrhundert Festspielleiter

Wolfgang Wagner. Foto: Richard Wagner Museum

Zum Abschluss der Bayreuther Festspiele 2008 ging mit dem Rücktritt von Wolfgang Wagner als Festspielleiter eine unglaubliche Ära zu Ende. Über ein halbes Jahrhundert, genauer 57 Jahre und damit 58 Spielzeiten, leitete der Enkel von Richard Wagner die Bayreuther Festspiele und hat damit wie kein Zweiter in der Geschichte die Festspiele geprägt und verkörpert. Am 30. August 2019 wäre er 100 Jahre alt geworden.

Erfolgreiche Wiedereröffnung

Seine Theater-Ausbildung begann Wolfgang Wagner im Jahr 1940. Nach einer Verwundung im Polenfeldzug wurde er im Alter von 21 Jahren aus der Wehrmacht entlassen und arbeitete an der „Preußischen Staatsoper Berlin“ und ab 1943 bei den „Meistersingern“ im Festspielhaus als Regieassistenten.

Wieland und Wolfgang Wagner 1951. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung

Wieland und Wolfgang Wagner hatten 1951 die Bayreuther Festspiele, die nach dem Weltkrieg sechs Jahre lang unterbrochen waren, erfolgreich wiedereröffnet. Über den bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Hans Erhard gelang es, das beschlagnahmte Festspielhaus und das gesperrte Festspielvermögen freizubekommen. Nun musste Geld gesammelt werden.

Geldgeber gesucht: Mit dem Motorrad quer durch Deutschland

Mit dem Motorrad fuhr Wolfgang Wagner quer durch Deutschland, um Geldgeber für einen Neuanfang zu suchen. Bei der Gründungsversammlung der „Gesellschaft der Freunde von Bayreuth“ am 22. September 1949 in Frankfurt lag den Gründungsmitgliedern ein Etat in Höhe von 700.000 Mark für die Finanzierung der ersten Festspiele im Jahr 1950 vor.

Doch im Juli 1950 schlug eine Nachricht aus Bremen wie eine Bombe ein: Die Intendanten der deutschen Rundfunkanstalten beschlossen, dass den Festspielen keine Lizenzgebühren für eine Übertragung gewährt werden sollten.

Wolfgang Wagner bei einer Spendenaktion im Kinderhaus. Foto: Stephan Müller

Daraufhin berief Dr. Hans Erhard eine Sitzung des Deutschen Bühnenvereins ein. Der Ausschuss kam zu dem einstimmigen Ergebnis, dass die Wiederaufnahme der Festspiele durch die öffentliche Hand durch Subventionen und Rundfunkgeldern gefördert werden sollten.

Viel Überzeugungskraft notwendig

Nun mussten die Rundfunksender überzeugt werden. Im September 1950 zwängten sich der Bayreuther Kulturreferent Karl Würzburger, Stadtschulrat Kuttenfelder und Wolfgang Wagner in einen Volkswagen, um die beschwerliche Rundreise von Bayreuth über Hamburg, Köln, Frankfurt und Baden-Baden nach Bremen anzutreten. Eine lange, aber erfolgreiche Fahrt auf den damals noch „holprigen“ Straßen.

Schon am 18. September 1950 bewilligte der Bayerische Rundfunk als erster ARD-Sender eine Kulturhilfe von 50.000 Mark. Einen Monat später beschloss der Landtag eine Subvention in Höhe von 200.000 Mark und die Stadt Bayreuth stellte weitere 100.000 Mark in Aussicht. Die Vorbereitungen für die Bayreuther Festspiele 1951 konnten beginnen.

Festspielleitung durch das Brüder-Duo

Die Brüder hatten sich schnell geeinigt, dass sich Wieland der künstlerischen Gestaltung annehmen sollte und Wolfgang weiterhin den „weltlichen“ Teil wie Finanzierung, Organisation und betriebliche Steuerung der Festspiele übernehmen sollte.

Wolfgang Wagner mit Tochter Eva Wagner-Pasquier. Foto: Stephan Müller

Schon während der Vorbereitung der ersten Nachkriegsfestspiele zeichnete sich ab, dass den Festspielen schnell wieder Zuspruch und großes Interesse entgegengebracht wurden. Berühmte Dirigenten wie Furtwängler, Knappertsbusch und Karajan wollten ebenso dabei sein wie Mitarbeiter des künstlerischen und technischen Personals. Im Jahr 1951 gingen die ersten Festspiele unter der Leitung der Brüder Wieland und Wolfgang Wagner über die Bühne.

Vom Organisator zum Regisseur

Ab 1953 inszenierte Wolfgang Wagner selbst in Bayreuth. Bis zu seinem Abschied als Regisseur im Jahr 2002 inszenierte er gerade einmal in zwei Jahren (1965 und 1966) nicht. Alle zehn großen Werke Richard Wagners brachte er in Neuinszenierungen auf die Bühne. Seine zwölf Inszenierungen waren in 461 Vorstellungen zu sehen. Ab 1969 holte Wolfgang Wagner verstärkt Gastregisseure nach Bayreuth. Mit August Everding kam der erste Regisseur, der nicht Wagner hieß. Es folgten – um nur einige zu nennen – Götz Friedrich, Patrice Chéreau, Harry Kupfer, Peter Hall, Werner Herzog, Dieter Dorn, Heiner Müller, Jürgen Flimm, Tankred Dorst oder Stefan Herheim.

Wolfgang Wagner auf dem Roten Teppich der Bayreuther Festspiele 2008. Foto: Stephan Müller

Auch als Gastregisseur in der ganzen Welt

Als Gastregisseur präsentierte er den „Ring“ schon 1957 in Venedig. In den 80ern inszenierte er an renommierten Bühnen: So 1985 die „Meistersinger“ und 1988 „Der Fliegende Holländer“ an der Semperoper in Dresden. Im Jahr 1997 reiste er nach Tokio, um dort den „Lohengrin“ auf die Bühne zu bringen.

Wolfgang Wagners Inszenierungen im Festspielhaus

Von 1951 fanden bis heute 2.725 Aufführungen im Festspielhaus statt. Davon leitete Wolfgang Wagner ab 1967 bis 2008 genau 1.268 Vorstellungen in alleiniger Verantwortung. Der letzte Vorhang unter seiner Verantwortung fiel am 28. August 2008 nach einer „Parsifal“-Aufführung.

  • Lohengrin: 1953 bis 1954 – 13 Aufführungen
  • Holländer: 1955 bis 1956 – 13 Aufführungen
  • Tristan und Isolde: 1957 bis 1959 – 15 Aufführungen
  • Ring: 1960 bis 1964 – 48 Aufführungen
  • Lohengrin: 1967 bis 1972 – 28 Aufführungen
  • Meistersinger: 1968 bis 1975 – 43 Aufführungen
  • Ring: 1970 bis 1975 – 65 Aufführungen
  • Parsifal: 1975 bis 1981 –  39 Aufführungen
  • Meistersinger: 1981 bis 1988 – 43 Aufführungen
  • Tannhäuser: 1985 bis 1995 – 44 Aufführungen
  • Parsifal: 1989 bis 2001 – 65 Aufführungen
  • Meistersinger: 1996 bis 2002 – 45 Aufführungen

Bis 2008 leitete Wolfgang Wagner die Bayreuther Festspiele. Foto: Stephan Müller

Sonderausstellung im Richard Wagner Museum

Zu seinem 100. Geburtstag würdigt das Richard Wagner Museum Wolfgang Wagners Persönlichkeit und seine überragende Lebensleistung als Intendant, Bühnenbildner und Regisseur in einer großen Jubiläumsausstellung. Die Ausstellung mit dem Titel „Der Prinzipal. Wolfgang Wagner und die ‚Werkstatt Bayreuth'“ ist im Haus Wahnfried bis Sonntag, 3. November 2019, zu sehen.


Text: Stephan Müller

Stephan Müller (53) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.


Wagner für Dummies: Die Meistersinger in fünf Punkten

Bayreuth befindet sich seit letzter Woche im Festspielfieber. Doch um was geht es eigentlich in Richard Wagners Werken? Viele verstehen da erst einmal nur Bahnhof. Das Bayreuther Tagblatt hat den Inhalt der Opern kurz und knapp in fünf Punkten zusammengefasst. Teil 1 befasst sich mit „Die Meistersinger von Nürnberg“.

In den weiteren Teilen geht es um Tristan und Isolde, Parsifal, Lohengrin und Tannhäuser.


Die Meistersinger von Nürnberg

  1. Walther von Stolzing liebt Eva, Eva liebt Walther. Wie schön, wäre da nicht ein kleines Problem: Um Eva zu heiraten, muss Walther einen Gesangswettbewerb gewinnen. Blöd nur, dass Walther „frei Schnauze“ und nicht nach den Regeln singt.
  2. Als wäre das nicht genug, mischt sich auch noch sein größter Konkurrent, der Beckmesser, ein. Dann fliegen auch schon die Fäuste. Es kommt zur Massenschlägerei.
  3. Hans Sachs, ein anderer Sänger, kann das Elend nicht länger mit ansehen. Er hilft Walther dabei, ein neues Lied zu schreiben, das den Regeln entspricht.
  4. Beckmesser wittert seine Chance. Er stiehlt das Lied, tritt beim Wettbewerb damit an, wird aber von allen nur ausgelacht.
  5. Dann ist Walther dran: Er trägt das Lied voller Liebe vor und erobert so nicht nur Evas Herz, sondern gleich das des ganzen Volkes.

Wagner für Dummies: Parsifal in fünf Punkten

Festspielfieber in Bayreuth! Wer bei Wagner erstmal nur Bahnhof versteht, ist hier genau richtig. Das Bayreuther Tagblatt hat den Inhalt der Opern kurz und knapp in fünf Punkten zusammengefasst. Teil drei der Serie befasst sich mit „Parsifal“.

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In den weiteren Teilen geht es um Lohengrin und Tannhäuser.


Parsifal

  1. Parsifal steckt mitten in der Pubertät, testet seine Grenzen aus und lehnt sich gegen die Regeln im Bezirk des heiligen Grals auf.
  2. Auf der Burg der Gralsritter kämpft währenddessen Amfortas mit dem Tod. Schuld ist eine Wunde, die der Zauberer Klingsor ihm mit dem heiligen Speer zugefügt hat.
  3. Klingsor hat es auch auf Parsifal abgesehen und schickt Kundry zu ihm, die ihn verführen soll. Parsifal lässt sich aber von seinen Trieben nicht leiten und gewinnt sogar den heiligen Speer zurück.
  4. Mit dem Speer im Gepäck taucht Parsifal als gereifter Erwachsener wieder bei den Gralsrittern auf.
  5. Parsifal schafft es Amfortas zu heilen und wird dann zum Gralskönig ausgerufen.

Wagner für Dummies: Tannhäuser in fünf Punkten

Sie verstehen bei den Wagner Opern nur Bahnhof? Das Bayreuther Tagblatt hat den Inhalt von Richard Wagners Werken kurz und knapp in fünf Punkten zusammengefasst. Teil 5 befasst sich mit „Tannhäuser“.

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Tannhäuser

  1. Tannhäuser, dem es auf dem Venusberg bei Venus zu langweilig wird, zieht zurück in ein Tal nahe der Wartburg und trifft dort seine große Liebe Elisabeth.
  2. Auch Elisabeth ist überglücklich Tannhäuser wiederzusehen und die beiden besiegeln ihre Liebe.
  3. Als Tannhäuser aber zugibt in seiner Abwesenheit auf dem Venusberg gewesen zu sein, wird er von allen verflucht. Nur Elisabeth steht weiter zu ihm.
  4. Tannhäuser soll zum Papst pilgern und dort um Vergebung bitten. Aber auch dort bekommt er keine Erlösung. Elisabeth ist am Boden zerstört und bittet die Jungfrau Maria um ihren Tod.
  5. Auch Tannhäuser weiß nicht mehr weiter und macht sich in seiner Verzweiflung auf den Weg zurück zum Venusberg. Dann aber sieht er, wie Elisabeths Sarg an ihm vorbeigetragen wird. Der Verlust seiner großen Liebe ist auch für Tannhäuser zu viel, er sinkt an der Leiche nieder und stirbt.

 

Wirtsgogl G’schichtla: Totentanz im Fichtelgebirge

Adrian Roßner, Foto: Privat

Adrian Roßner ist einer der jüngsten Heimatforscher Deutschlands und kommt aus der Region: In seiner bt-Serie „Wirtsgogl-Gschichtla“ gibt er regelmäßig Einblicke in seinen Fundus an kuriosen Geschichten, unglaublichen Erzählungen und Besonderheiten aus unserer Region.

In Teil elf der Serie erzählt Adrian Roßner vom Totentanz im Fichtelgebirge Region.

Hier die aktuellste Geschichte des Wirtsgogl als Text und als Podcast zum Anhören.

 


Wirtsgogl G’schichtla #11 als Podcast zum Anhören


Totentanz im Fichtelgebirge

Es gibt wenige Ausdrücke in der Geschichte, die einem derart schnell einen kalten Schauer über den Rücken rinnen lassen, wie die „Pest“. Als schwarzer oder wandernder Tod zählt sie bis heute zu den größten Geißeln, die die Menschen allen voran im Mittelalter heimgesucht haben. Doch wenngleich einmal mehr viel bekannt ist über ihren Verlauf in den großen Metropolen des einstigen Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, wissen wir nurmehr wenig von den Schicksalsschlägen zu berichten, die um sich griffen, als sie über unsere Region hereinbrach. Grund genug, sich auf eine Spurensuche zu begeben, um der grausamen Seuche auf ihrem einstigen Wege nachzuspüren, wobei der Blick historisch wie geographisch in die Ferne schweifen muss. 

Der schwarze Tod breitet sich aus

Bis heute ist nicht genau bekannt, wie viele Opfer die Pest auf ihrer Reise durch die Geschichte forderte, doch gehen die Schätzungen in die Millionen – immerhin brach sie nicht nur einmal aus, sondern suchte in Wellen ganze Länder über mehrere Jahrhunderte hinweg heim.

Als Ausgangspunkt indes wird heute der Balchasee vermutet, an dem archäologische Grabungen erst vor kurzem eine erhöhte Sterblichkeit während des frühen 14. Jahrhunderts nachweisen konnten, die man auf die Virenerkrankung zurückführt. Entlang der Seidenstraße – einer der wichtigsten Handelsverbindungen in den Orient – breitete sie sich anschließend in Richtung Indien und China im Osten, sowie zum Schwarzen Meer hin aus, wo sie im Frühjahr 1347 die von den Tartaren belagerte Stadt Caffa erreichte.

Totentanz. Foto: Adrian Roßner.

Der Weg nach Europa

Schilderungen der Krankheit aus diesem frühen Kapitel ihrer Geschichte sind rar, doch berichtet der Zeitzeuge Gabriele de Mussi, dass die Tartaren „nach kurzer Zeit charakteristische Symbole an ihren Körpern [zeigten], nämlich verklumpte Körpersäfte an den Gelenken und Leisten.“ Die damit gemeinte Schwellung der Lymphknoten deutet stark auf die typischen Beulen hin, die als äußere Merkmale der sogenannten Bubonenpest gelten.

Sich der davon ausgehenden Gefahr bewusst, schleuderten die Belagerer die Leichname ihrer Toten über die Mauern der Stadt und brachten die Seuche damit unter das fliehende Volk. Vermutlich werden Händler und andere Reisende sie anschließend über den Seeweg nach Europa gebracht haben, wo sie ihr grausames Werk fortführte.

Ein Totenkopf. Symbolbild: Pixabay.

Ein qualvoller Tod

Erst relativ spät, im 19. Jahrhundert, konnte die Medizin ihren wahren Kern benennen und den Floh Xenophylla Cheopsis Roth als Überträger identifizieren. Eine Art Pfropfen aus Speichel und Blut führt bei diesem Insekt zu einem Verschluss des Proventikels, eines Teils der Speiseröhre, und ermöglicht es Bakterien und Viren so, sich unter optimalen Bedingen zu vermehren. Darunter war auch der Erreger yersinia pestis, der durch einen Biss des Flohs in den Blutkreislauf seines neuen Wirtes gelangt und dort sein vernichtendes Werk beginnt.

Innerhalb von nur 48 Stunden kommt es zu einer Schwellung der Lymphknoten in den Achseln, am Hals und in der Leistengegend, wodurch die namensgebenden Bubonen – oder Beulen – entstehen. Der Kranke leidet unter massiven Kopfschmerzen und Fieberschüben, während der Organismus versucht, sich gegen den Angreifer zu schützen. Verliert er den Kampf, kommt der Tod schließlich durch eine Blutvergiftung, erlöst das Opfer jedoch meist erst nach einer Zeit des Leides und der Qualen. 

Mangelnde Hygiene. Ratten haben Flöhe und Flöhe übertragen Krankheiten. Symbolbild: Pixabay.

Verfolgung und Pogrome

Was sich an die ersten Pesttoten anschloss, war eine allgemeine Unsicherheit – gesteigert noch durch die vergebliche Suche nach den Ursprüngen der immer größere Kreise ziehenden Krankheit, die weder Medizin noch Religion einzudämmen wussten. Schließlich meinte man, den Schuldigen gefunden zu haben – in den Juden.

Auch im Fichtelgebirge begannen Pogrome, denen unzählige wehrlose Menschen zum Opfer fielen, da man ihnen nachsagte, sie hätten die Seuche absichtlich eingeführt, um damit die Herrschaft über ein letztendlich entvölkertes Europa antreten zu können. Vielmehr noch gingen „diese hartnäckigen Menschen […] in ihrer beharrlichen Grausamkeit so weit, daß sie die Brunnen vergifteten oder die Luft zu verunreinigen wußten und entsetzliches Sterben in vielen Ländern veranlaßten“, wie Pertsch aus Wunsiedel berichtet.

Die Tatsache, dass auch Juden zu den Opfern der heimtückischen Seuche wurden, klammerte man aus – zu dankbar war man, im Angesicht der aussichtslosen Lage endlich einen Sündenbock gefunden zu haben, mit dessen Vernichtung man dem Sterben ein Ende hätte machen können.

Die Pest forderte viele Todesopfer. Symbolfoto: Pixabay.

Vergiftete Luft

Generell sagte man „fremden Völkern“ gewisse Kenntnisse nach, die, gerne genutzt in Friedensjahren, in Zeiten epochaler Grausamkeit zu Massenmorden und Lynchjustiz führten. Gerade die Mär der vergifteten Luft („Miasma“ genannt), wie sie Pertsch in seiner Schilderung erwähnte, hielt sich zudem über mehrere Generationen hinweg im Gedächtnis der Bevölkerung: Durch „Fäulnisgase“ hätte sich die Krankheit ausgebreitet – immerhin in diesem Punkt waren sich Ärzte und Pfarrer einig und betraten die Stuben der Seuchenopfer daher meist nur mit entsprechenden Masken, um sich der Krankheit zu erwehren.

Bis heute hält sich zudem in manchen Orten wie Wunsiedel die Mär von der eingemauerten Pest, die man in Form eines „Hauches“ in Löcher lockte, die man anschließend mit Steinen blockierte. Wurde der Dunst schließlich durch die Unwissenheit der Nachfahren wieder befreit, brach die Seuche erneut über die Menschen herein und forderte wiederum unzählige Opfer. Dadurch suchte man zu erklären, wie es ihr gelang, innerhalb kürzester Zeit spurlos zu verschwinden, um nach fünfzig bis hundert Jahren mit neuer Härte zurückzukehren.

Der Tod ging um. Symbolbild: Pixabay.

Über tausend Tote in Hof

Auch aus der nordostoberfränkischen Region sind die Epidemie-Wellen gut rekonstruierbar: Nach dem ersten Auftreten der Pestilenz war sie um 1350 mit einem Male verschwunden, nur um 1495 zurückzukehren. Allein in den folgenden Jahren soll sie in Hof 1400 Menschen, in Bayreuth immerhin 650 Bewohnern das Leben gekostet haben – höhere Zahlen sind schließlich für den schlimmsten Ausbruch im Rahmen des Dreißigjährigen Krieges nachweisbar, in dessen Zuge man versuchte, die Seuche durch Gräben, Kanonenschüsse und Kirchenglocken am Betreten der Dörfer zu hindern.

War sie erst ausgebrochen, schaffte man die Toten schnellstmöglich aus der Stadt und verscharrte sie eilig in den „Pestilenzgärten“, wie sie sich auch im Fichtelgebirge belegen lassen. Als gerechte Strafe Gottes fasste man den wandernden Tod damals auf, der die Hoffart der menschlichen Schöpfung ebenso geißelte, wie die Duldung „Ungläubiger“ in den Gemeinden.

Angst ums Überleben

Im Angesicht der neuerlichen Katastrophe brachen Menschen überall zu segensspenden Wallfahrten auf oder aber zogen als Flagellanten (auch „Geißler“ genannt) sich selbst züchtigend durch die Lande. Angst regierte in den Straßen der Städte wie auch der Dörfer; bei Reichen und bei Armen. Ironischerweise war die Seuche demnach auch ein großer Gleichmacher – sie machte vor niemandem Halt, verschonte die Adligen ebenso wenig, wie die einfachen Bauern; und hinterließ einst blühende Landschaften als blanke Ödnis.

Ferner sollte ihre Rolle in der Regionalgeschichte keineswegs unterschätzt werden – immerhin zeigte sie auch hier auf, dass jedwede zivilisierte Struktur zusammenzubrechen vermag, so nur die ureigene Angst ums blanke Überleben groß genug ist. 


Text: Adrian Roßner


Mehr vom Wirtsgogl

St. Georgen mit Sophienberg,

Wie der Sophienberg zu seinem Namen kam

Von gescheiterten Aussichtstürmen und hohem Besuch: Die Historie des Sophienberges und wie er zu seinem heutigen Namen kann.

Die Wanderungen auf dem Sophienberg haben Richard Wagner gefallen. Nur gut vier Wochen nachdem er seinen Lebensmittelpunkt nach Bayreuth verlegt hat, wanderte auf den 594 Meter hohen „Bayreuther Hausberg“. „Ein schönes Ländchen, alle menschlich freundlich“ schreibt Cosima Wagner am 28. Mai 1872 in ihr Tagebuch. Die schönsten Eintrage Cosimas über den Sophienberg finden wir im Jahr 1878. Richard freut sich „zu wissen“, in so einem „hübschen Ding zu sein“. Eine Schar Gänse nimmt von oben sich aus wie ein „bewegliches Silberband“ und das verschiedene Grün der Wiese und des Tales erfreut das Auge.

Hübsche Gegend

Und bei einer „weiteren Partie“, die die Familie am 8. Juni 1878 „in heiterster Laune ausführt“, trägt eine Frau ein Fässchen Bier hinauf. „Der Onkel zapft“ heißt es. Richard genießt sein Bier, freut sich an der „hübschen Gegend“ und sagt zu Cosima: „Nicht zehn Pferde bringen mich von hier fort“.


Auszug aus Cosima Wagners Tagebüchern

Cosima Wagner, Foto: Bernd Meyer Stiftung

 28.05.1872

Dienstag 28ten Mit den Kindern seit gestern wieder gearbeitet; an Hans geschrieben, auch an Fritz und L. Bucher wegen Herrn Lang. Viel über die 9te Symphonie gesprochen; wie kam B. zu der Idee, das Gedicht von Schiller zu komponieren? (…) Zum Sophienberg mit M. Meysenbug, schönes Ländchen, alle menschlich freundlich.

05.08.1872

Montag 5ten Ich korrigiere einige Blätter aus R.’s Biographie, während er an seinem Aufsatz arbeitet. Nachmittags gehen die Kinder zum Eckersdorfer Pfarrer und ich bleibe bei Loldi, während R. nach der Gegend des Sophienberg hin sich verliert, wo er mehrere Dörfer besucht. Abends liest er mir zum Spaß den ersten Akt von den Hebbel’schen »Nibelungen«; unglaublich schlechtes Machwerk.

08.06.1878

R. arbeitet etwas und beschließt dann eine Partie nach dem Sophienberg, welche wir dann in heiterster Laune ausführen. Eine Frau, die eben heute [dort war], trägt uns das Fäßchen Bier hinauf1, der »Onkel« zapft; R. freut sich der hübschen Gegend, »nicht zehn Pferde bringen mich von hier fort«. Um halb 9 nach Hause, Fidi’s Erinnerung an die rauhe Culm beim Sophienberg macht R. Vergnügen.

25.06.1878

Dienstag 25ten Partie nach dem Sophienberg, ein wenig anstrengend, aber trotzdem erfreulich, wie aufgehaltene Wellen liegt das hügelige Land vor uns, R. sagt: Man freut sich zu wissen, in so ein[em] hübschen Ding zu sein, eine Schar Gänse nimmt von oben sich aus wie ein »bewegliches Silberband«, und das verschiedene Grün der Wiese und des Tales erfreut das Auge.


Beliebtes Ausflugsziel

Bayreuth mit Sophienberg,

Die Stadt Bayreuth mit dem Sophienberg und der damaligen Sophienburg im Hintergrund. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung

Der Sophienberg war auch bei den Bayreuthern als Ausflugsziel beliebt. Aus den städtischen Akten geht noch heute hervor, dass am 30. Dezember 1887 genau 44 Bayreuther bei ihrem Bürgermeister Theodor von Muncker vorsprachen. Sie brachten vor, dass sie gemeinsam das kleine Grundstück rund um die alte Ruine am Sophienberg gekauft haben, um dort, wie schon Friedrich II., Markgraf von Brandenburg-Kulmbach im Jahr 1494, einen Aussichtsturm zu errichten. Dafür würden sie das Grundstück auch unter der Bedingung der Stadt Bayreuth überlassen, dass es für alle Zeit in deren Eigentum bleibt. Es ist nicht mehr festzustellen, warum aus dem Vorhaben nichts wurde.

Wieder kein Aussichtsturm

Genau einhundert Jahre später, das Grundstück ist immer noch im städtischen Eigentum, erfahren die „Naturfreunde“ davon und bieten an, einen Aussichtsturm zu errichten. Ein Kostenvoranschlag ergab die Summe von 150.000 Deutsche Mark, die über Eigenmittel und einer Förderung aus dem Programm „Freizeit und Erholung“ des Freistaates aufgebracht werden sollte.

Nach Vorberatungen im Hauptausschuss und im Umweltausschuss wurde das Vorhaben mit einem positiven Gutachten am 29. September 1987 dem Bayreuther Stadtrat vorgelegt, der dem Projekt zustimmte. Wie wir alle wissen,  wurde das Projekt, wohl aus Kostengründen, nicht mehr weiter verfolgt.

Einer von den Signaltürmen

Die Wartburg am Sophienberg gehörte einem System von „Signaltürmen“ aus der früheren Markgrafenzeit an. Markgraf Friedrich hat 1498, also vier Jahre nachdem der Turm auf dem Sophienberg errichtet wurde, eine „Wartordnung“ für das Gebiet „oberhalb des Gebürgs“ (also der Fränkischen Schweiz) mit 13 Türmen erlassen.

Viele dieser Türme sind noch erhalten, beziehungsweise wurden neu errichtet. Dazu zählen das „Backöfele“ auf dem Schneeberg, der Rehturm bei Kulmbach, der Magnusturm bei Kasendorf oder der Turm auf dem Rauhen Kulm.  Zwei weitere schöne Aussichtstürme, die aber viel später errichtet wurden und freilich nichts mit dem – zum Teil „bewachten“ – Wart-System der Markgrafen zu tun haben, sind der Klausenturm bei Mehlmeisel und der Aussichtsturm bei Hohenmirsberg.

Wie aus dem Culm der Sophienberg wurde

Markgräfin Wilhelmine

Markgräfin Wilhelmine. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung.

Die schöne Aussicht vom Sophienberg war auch schon den Markgrafen bekannt. Sie errichteten auf dem Berg, der früher den slawischen Namen Culm (Hügel, Bergkuppe) trug, zwischen 1663 und 1669, an der Stelle, an der früher ein „Wartturm“ aus dem Jahr 1494 stand, ein kleines Schlösschen und nannten den „Culmberg“ nun Sophienberg. Namensgeberin war Erdmuthe Sophie von Sachsen, die Gemahlin von Markgraf Christian Ernst. Nach ihrem Regierungsantritt im Jahr 1735 bekam das Markgrafenpaar Friedrich und Wilhelmine hohen Besuch.

Markgraf von Schwedt zu Besuch

Mit Wilhelmines Schwager Friedrich Wilhelm von Schwedt, der überall der „tolle Markgraf“ genannt wurde, kam ein ziemlicher Angeber nach Bayreuth. Wilhelmine mochte ihn nicht. Sie hätte 1731 den neun Jahre älteren Markgrafen von Schwedt (geb. 1700) heiraten sollen, lehnte ihn aber genauso ab wie Herzog Johann Adolf II. von Sachsen-Weißenfels, der 24 Jahre älter als sie war. Bevor sie der Vater in Festungshaft nach Spandau schickt, entschied sie sich für den ein Jahr jüngeren Erbprinzen Friedrich und folgte ihm 1732 nach Bayreuth. Nun waren sie also zu Besuch. Der Markgraf von Schwedt und Wilhelmines Schwester Sophie Dorothea Marie, die ihn 1734 ehelichen musste.

Eine Jagd auf dem Sophienberg

Parforcejagd

Parforcejagd. Foto: Bernd-Mayer-Stiftung.

Der Markgraf von Schwedt war ein verwegener Reiter und leidenschaftlicher Jäger. Angeblich soll er riskante Abenteuer, wie den Ritt durch drehende Windmühlenflügel oder Sprünge von Kutschen in schneller Fahrt geliebt haben. Um dem Schwager etwas zu bieten, veranstalteten Friedrich und Wilhelmine eine Jagd auf dem Sophienberg.

Friedrich Wilhelm, Markgraf von SchwedtWie fast alle Markgrafen aus dem Haus Hohenzollern war auch Markgraf Friedrich ein passionierter Jäger. Er hatte sich gleich zu Beginn seiner Regierung in Bayreuth Pferde und Hunde aus England kommen lassen, um Parforcejagden mit Hunden abhalten zu können. Eine der ersten Gelegenheiten, die sich dafür bot, war der Besuch des unbeliebten Schwagers. Schließlich nahm die Jagd als zentrales Ereignis höfischer Repräsentation eine herausragende Stellung ein.

Eine große Herausforderung

Mit diesen Draufgänger auf Jagd zu gehen war allerdings für den erst etwa 25-jährigen Friedrich in dem schwierigen hügeligen Gelände eine große Herausforderung. Sumpfige Wiesen waren bei solchen Parforce-Jagden für Mensch und Pferd eine hochgefährliche Angelegenheit. Aber da musste er durch. Es wurden 50 Hunde mitgenommen, weitere 50 Hunde warteten auf die Ablösung. Ziel der Hetzjagd war ein kapitaler Hirsch. Der weiße Zwölfender mit „einem stattlichen“ Geweih, der dem Gast geboten wurde, wurde bereits vorher „angejagt“.

Die schönste Zinne

Es ging los. Der Markgraf von Schwedt zeigte seine Geschicklichkeit als Piqueur, also als Vorreiter. Er sorgte selbst dafür, dass dem Hirsch alle Rückwege „ins Holz“ abgeschnitten wurden. Der Hirsch wurde erlegt. Der Schwedter blickte in die Umgebung und rief: „Hol mich der Teufel, Herr Schwager, du hast mich ja auf die schönste Zinne deiner Markgrafschaft geführt; ein solcher Anblick macht alles vergessen!“

Er bat Schenk von Stauffenberg um einen Becher Wein und brachte vor dem Spiel der Fanfaren den folgenden Toast auf das Markgrafenpaar aus:

Der weiße Hirsch mit seiner Pracht hat mich tief in den Schlamm gebracht, doch mit dem Humpen voll Burgunder blick ich lustig nach Bayreuth hinunter, wo unser Schwager Friedrich thront und die liebe Wilhelmine wohnt.Für beide sei dieser Trunk gebracht, so freudig wie die Sonne lacht.

Vielleicht war er ja doch nicht so unsympathisch, der Markgraf von Schwedt ….


Text: Stephan Müller

Stephan Müller (53) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.


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