Zuletzt aktualisiert am
Bayreuth Historisch
Über 50 Jahre Mitglied im Bayreuther Stadtrat – ein Rekord für die Ewigkeit?
Heute beenden zwei langjährige Stadträte in Bayreuth ihre Tätigkeit.
Grund genug für bt-Hobbyhistoriker Stephan Müller zurückzublicken auf einen Bayreuther Stadtrat, der knapp sechs Jahrzehnte für den Stadtrat tätig war.
Wechsel im Bayreuther Stadtrat
Heute beenden Ernst-Rüdiger Kettel (Bayreuther Gemeinschaft) und Dr. Dieter Schweingel (FDP) ihre langjährige Stadtratstätigkeit. Kettel, der energische und heimliche Bürgermeister von St. Georgen, gehörte dem Gremium 30 Jahre lang an, der Kinderarzt Dr. Schweingel sogar 42 Jahre.
Heute vor 60 Jahren, Am 30. April 1960, überreichte Oberbürgermeister Hans Walter Wild dem Justizrat Ludwig Frölich die „Goldene Bürgermedaille der Stadt Bayreuth.“ Der Jurist gehörte dem Bayreuther Stadtrat im Zeitraum von 1902 bis 1960 über 50 Jahre an. Wohl ein Rekord für die Ewigkeit.
Im Jahr 1902 wurde er im Alter von 32 Jahren in das „Städtische Gemeindekollegium“ gewählt und war sogar viele Jahre Vorsitzender des Gremiums. Für die „Mittelstandspartei“ zog er ab 1920 in den Bayerischen Landtag ein. Dort vertrat er die Bayerische Mittelpartei (BMP) (1920-1924) und in der Wahlperiode 1927 bis 1932 die Deutsche Volkspartei der Pfalz (DVPdP), die Deutschnationale Volkspartei (DNVP) und Nationalliberale Landespartei (NL).
Ludwig Frölich – das Chamäleon
Von Bürgermeister Karl Seeser (SPD) wurde er später wegen seiner mehrfachen Parteiwechsel „Das Chamäleon“ genannt.
Im Jahr 1933, soeben wegen seiner 30-jährigen Stadtratsarbeit mit der „silbernen Verdienstnadel“ geehrt, passte er sich den geänderten Machtverhältnissen blitzschnell an und trat am 1. Mai 1933 der NSDAP bei. Damit musste er sich nach dem Krieg einem Entnazifizierungsverfahren unterziehen. Er wurde am 17. März 1947 von der Bayreuther Spruchkammer als „Mitläufer der Gruppe IV“ eingestuft. Somit hatte der damals schon 77-jährige Jurist wieder die Möglichkeit als Rechtsanwalt und Politiker tätig zu werden. Was er auch tat: Er kandidierte im Jahr 1952 für die „Bayernpartei“ und wurde von den Bayreuthern wieder in den Stadtrat gewählt, den er bis 1960 bis kurz vor seinem Tod angehörte.
Zur Person Ludwig Frölich
Ludwig Frölich wurde am 11. Oktober 1870 in Aschaffenburg geboren. In Bayreuth heiratete er die Pegnitzerin Babette Kolb, deren Vorfahren väterlicherseits aus Neustädtlein (Kolb) und Alladorf (Lauterbach) stammen. Fröhlich wohnte in der Lisztstraße und verstand sich gut mit seinem „Nachbarn“ Siegfried Wagner im Haus Wahnfried. Seine Rechtsanwaltskanzlei hatte er in der Opernstraße 7 (heute Juwelier Heyder). Am 18.Dezember 1957 wurde er mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet. Ludwig Frölich starb am 21. Dezember 1960 im Alter von 90 Jahren.
Stephan Müller
Stephan Müller (54) ist Stadtrat, Hobbyhistoriker, freiberuflicher Journalist und Autor zahlreicher Bücher zur Geschichte Bayreuths. Für das Bayreuther Tagblatt hat er sein Archiv geöffnet. Die besten Anekdoten gibt es immer wieder hier beim bt.